Richtiger Umgang mit dem Girokonto Die beste Geldanlage? Keine Schulden!

Millionen Deutsche machen sich Sorgen um ihre Geldanlage - schließlich gibt es aufs Sparbuch kaum noch Zinsen. Dabei gilt gerade bei schmalem Einkommen: Keine Schulden machen ist der beste Renditeturbo.
Bankformular: Zwei Euro für jede handgeschriebene Überweisung

Bankformular: Zwei Euro für jede handgeschriebene Überweisung

Foto: Uwe Anspach/ dpa

Je weniger Geld Menschen haben, desto teurer kommt sie ihr Girokonto.

Sie glauben das nicht? Dann hier einige wichtige Hinweise:

Wer regelmäßig jeden Monat größere Geldeingänge auf seinem Konto verbuchen kann, hat eine Chance, dieses Konto kostenlos zur Verfügung gestellt zu bekommen. Bei der Commerzbank müssen Kunden monatlich 1200 Euro einzahlen, um das Girokonto kostenlos nutzen zu können. Bei der HypoVereinsbank muss der Kontostand bei durchschnittlich 1500 Euro im Plus liegen.

Kostenlose Online-Girokonten werden besonders häufig von Besserverdienenden genutzt, teure Konten bei Filialbanken hingegen von Kunden mit kleinen Einkommen. Jenen Kunden, die sich den Umgang mit dem Online-Konto nicht zutrauen oder die schlicht keinen Internetanschluss haben, knöpft zum Beispiel die Bremische Volksbank 5,90 Euro im Monat für das Klassik-Konto ab. Hinzukommen zwei Euro für jede handgeschriebene Überweisung oder Buchung am Telefon und zwei Euro für jede Buchung am Kundenterminal. Mehr als 100 Euro Extra-Kosten fürs Girokonto kommen so im Jahr locker zusammen. Und das ganz ohne dass Kunden ihr Konto überziehen und den Dispokredit in Anspruch nehmen. Mit dem wird's dann erst richtig teuer.

Kostenfalle Dispo

Auch der Dispokredit mit seinen je nach Bank bis zu 13 Prozent Zinsen wird natürlich vor allem von Kunden genutzt, die mit ihrem Geld gerade so hinkommen. Wer seinen Dispo dann über die Maßen in Anspruch nimmt, zahlt für diese sogenannte geduldete Überziehung noch höhere Zinsen als die ohnehin schon hohen Dispozinsen. Zinssätze von mehr als 15 Prozent ruft hier zum Beispiel die Postbank beim Konto Giroplus auf. Die Verbandssparkasse Wesel am Niederrhein verlangt sogar mehr als 17 Prozent, genau wie die Volksbank Raiffeisenbank Rosenheim-Chiemsee, die auf stolze 17,35 Prozent kommt.

Und wer beispielsweise Kunde der Sparkasse Harburg-Buxtehude ist, dem präsentiert dieses Geldinstitut ein bemerkenswertes Angebot: Kreditplusgiro. Damit das Girokonto auch bei Arbeitslosigkeit und Krankheit nicht aus dem Ruder läuft, kann man sich bei dieser Sparkasse extra absichern. Die Versicherung verspricht, den durchschnittlichen Sollbetrag, also das Durchschnittsminus, auszugleichen, wenn der Kunde in dem Monat stirbt, arbeitslos oder arbeitsunfähig wird.

Dieser Schutz geht jedoch ganz schön ins Geld. Beispiel: Für 1000 Euro, die ein Kunde im Monat im Schnitt im Dispo ist, zahlt ein 40-jähriger Mann Beiträge von 8,18 Euro ein. Wäre er das ganze Jahr über im Schnitt mit 1000 Euro im Dispo, kommen zwölf mal 8,18 Euro, also knapp 100 Euro Beiträge zusammen - zusätzlich zu den Dispozinsen von 9,45 Prozent. Wenn der 40-Jährige also das ganze Jahr über mit 1000 Euro im Dispo ist, bezahlt er insgesamt etwa 200 Euro. Die realen Kosten für den 1000-Euro-Dispo erhöhen sich auf umgerechnet rund 20 Prozent. Das ist ein stolzer Preis für ein bisschen Sicherheit. Kreditplusgiro bieten übrigens auch große Sparkassen an, zum Beispiel die Sparkasse KölnBonn.

Zwei Monatseinkommen Reserve

Daraus folgt zunächst, dass gerade Leute mit kleinem Gehalt soweit als möglich versuchen sollten, Kredite zu vermeiden. Wie macht man das am besten? Am besten legt man sich in guten Zeiten ein Tagesgeldkonto an, auf dem man zwei Monatseinkommen mit derzeit etwa ein Prozent Zinsen parkt, um für die Fährnisse des Lebens gewappnet zu sein und eben nicht in den Dispo zu müssen. Solange diese Reserve nicht dauerhaft gefüllt ist, sollte man über andere, vermeintlich lukrativere Formen der Geldanlage gar nicht erst nachdenken.

Für Menschen mit kleinem Einkommen, aber Grundkenntnissen am Computer bieten sich zudem Girokonten bei Direktbanken an. Denn die nehmen weniger Geld für die Einrichtung des Girokontos , verlangen weniger hohe Dispozinsen und zahlen obendrein für das Tagesgeldkonto  einen höheren Zins.

Und den Sparkassen mit dem neuen Abzockermodell Kreditgiroplus wünscht man eine verblichene Institution an den Hals. Eduard Zimmermann hatte im ZDF mal eine Sendung, die hieß "Nepper, Schlepper, Bauernfänger".

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Micha Kirsten / Finanztip

Hermann-Josef Tenhagen, Jahrgang 1963, ist Chefredakteur von »Finanztip« und Geschäftsführer der Finanztip Verbraucherinformation GmbH. Der Geldratgeber ist Teil der Finanztip Stiftung. »Finanztip«  refinanziert sich über sogenannte Affiliate-Links, nach deren Anklicken »Finanztip« bei entsprechenden Vertragsabschlüssen des Kunden, etwa nach Nutzung eines Vergleichsrechners, Provisionen erhält. Mehr dazu hier .

Tenhagen hat zuvor als Chefredakteur 15 Jahre lang die Zeitschrift »Finanztest« geführt. Nach seinem Studium der Politik und Volkswirtschaft begann er seine journalistische Karriere bei der »Tageszeitung«. Dort ist er heute ehrenamtlicher Aufsichtsrat der Genossenschaft. Auf SPIEGEL.de schreibt Tenhagen wöchentlich über den richtigen Umgang mit dem eigenen Geld.

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