Tübingen/Calw - Städte und Kreise dürfen kommunale Krankenhäuser weiter finanziell unterstützen. Das Landgericht Tübingen hatte in einer am Montag veröffentlichten Entscheidung keine Einwände gegen diese bundesweit bei Hunderten Kliniken üblichen Subventionen. Damit ist eine Musterklage der privaten Klinikbetreiber in erster Instanz gescheitert.
Der Bundesverband Deutscher Privatkliniken (BDPK) hat in dem Musterverfahren den Kreis Calw verklagt. Denn während jede zweite bis dritte öffentliche Klinik regelmäßig Zuschüsse aus Steuermitteln bekommt, müssen die privaten Betreiber ohne solche Finanzspritzen auskommen. Für den BDPK ist das ein Verstoß gegen das EU-Wettbewerbsrecht.
Es gehe um Gerechtigkeit und Chancengleichheit, argumentieren die Privatkliniken. Der Interessenverband kommunaler Krankenhäuser (IVKK) ist hingegen überzeugt, dass es den Privaten nur um Umsatz und Profit gehe. Die Klage sei ein Versuch, das Gesundheitswesen immer stärker zu kommerzialisieren, sagte Verbandschef Bernhard Ziegler. Für ihn sind die Finanzspritzen für die öffentlichen Kliniken unerlässlich, damit die Bürger auch in dünn besiedelten Regionen wie dem Kreis Calw eine Klinik in der Nähe haben.
Krankenhäuser Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge
Vor Gericht spielten solche gesundheitspolitischen Grundsatzfragen keine Rolle. Für die 5. Zivilkammer in Tübingen ging es allein um die Frage, ob Krankenhäuser ganz normale Wirtschaftsbetriebe sind oder nicht. Nach Überzeugung der Richter sind sie das nicht. Der Kreis sei zum Wohle seiner Bürger verpflichtet, die Kliniken zu betreiben. Während sich ein privater Betreiber von einem unrentablen Krankenhaus trennen könne, habe der Kreis diese Möglichkeit nicht. Deshalb handele es sich bei staatlichen Zuschüssen nicht um eine verbotene Wettbewerbsverzerrung.
Der IVKK begrüßte das Urteil, der unterlegene Verband der Privatkliniken zeigte sich enttäuscht. "Wir halten an unserer Rechtsauffassung fest und sehen in den Subventionen rechtswidrige Beihilfen, die den Wettbewerb verzerren", sagte Hauptgeschäftsführer Thomas Bublitz.
Ob der Verband weitere rechtliche Schritte einleiten wird, wollte er noch nicht sagen. Der Vorsitzende Richter in dem Tübinger Prozess hatte allerdings gesagt, aus den Schriftsätzen gehe hervor, dass den Privatkliniken an einem grundsätzlichen Urteil in höchster Instanz gelegen sei.
Hätten die Richter anders entschieden, hätte das nach Einschätzung von Experten weitreichende Folgen für die Krankenhausfinanzierung in Deutschland gehabt. Es gilt aber als sicher, dass der Fall wegen seiner grundsätzlichen Bedeutung erst vom Bundesgerichtshof endgültig entschieden wird.