Chaos am Bau Architekt wirft Flughafenmanagern "großangelegte Täuschung" vor

Pannenflughafen "Willy Brandt": ungeklärte Haftungsfragen
Foto: Patrick Pleul/ dpaDer Architekt des Pannenflughafens Berlin Brandenburg (BER) erhebt schwere Vorwürfe gegen die Berliner Flughafengesellschaft. Deren Arbeit habe sich als "großangelegte Täuschung herausgestellt", heißt es in einem Schriftsatz der Anwälte des Hamburger Star-Baumeisters Meinhard von Gerkan.
Die Manager hätten mit ständigen Umbauwünschen den Bauablauf "regelrecht zerschossen", zitiert DER SPIEGEL aus dem Schreiben. Überdies hätten sie "wider besseres Wissen gegenüber ihrem eigenen Aufsichtsrat und der Öffentlichkeit" suggeriert, dass der Terminal "pünktlich und innerhalb des Wunschbudgets fertig werden könne".
Die Flughafengesellschaft hatte Gerkans Architekten, die Teil der Planungsgemeinschaft pg bbi waren, im Mai entlassen und wenig später wegen angeblich massiver Fehlplanung verklagt. In einer 99-seitigen Klageerwiderung werfen die Architekten ihrem ehemaligen Auftraggeber nun vor, das Termin- und Finanzchaos selbst verursacht zu haben. So hätten 286 Planänderungsanträge bis Mai 2012 zu einer "fortdauernden Behinderung der eigenen Baustelle" geführt. Verheerende Folgen habe vor allem die Entscheidung gehabt, den Terminal zum Shopping-Center auszubauen: Um "profitable Flächen" für einen sogenannten Walk-Through-Shop nach der Sicherheitskontrolle zu schaffen, mussten Check-in-Schalter reduziert werden.
Spätestens im November 2008, heißt es in dem Schriftsatz, habe sich die Flughafengesellschaft entschlossen, "anstelle einer klaren, erfolgversprechenden Projektstrategie mit Halbwahrheiten und unrealistischen Vorgaben zu arbeiten".
Ramsauer soll frühzeitig von Terminverschiebung gewusst haben
Unterdessen gibt es laut SPIEGEL Hinweise, dass Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) womöglich schon deutlich vor Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) über die bevorstehende erneute Verschiebung der Flughafeneröffnung informiert war. Bereits am 19. Dezember, drei Wochen vor der offiziellen Absage des Starttermins, unterrichtete der Technikchef der Flughafengesellschaft, Horst Amann, Ramsauer persönlich über Terminprobleme. Sowohl Amann als auch ein Sprecher Ramsauers bestätigten das Treffen. "Natürlich haben wir über den Stand des Projekts gesprochen, über was denn sonst", sagte Amann auf SPIEGEL-Anfrage. Wenige Tage nach der Zusammenkunft stellte Ramsauer in einem Interview als erster Verantwortlicher den geplanten Airport- Start konkret in Frage und löste damit in Berlin und Brandenburg Verwunderung aus.
Mittlerweile will sich Ramsauer nicht einmal mehr auf das Jahr 2014 als Eröffnungstermin festlegen. "Es wäre völlig vermessen und verantwortungslos, jetzt schon einen neuen Termin für eine Inbetriebnahme zu nennen", sagte der CSU-Politiker der "Bild am Sonntag". "Es müssen planerisch viele Veränderungen erfasst und umgesetzt werden." Jetzt sei es an der Zeit, genau zu hinterfragen, zu analysieren und Lösungswege zu skizzieren. "Am Ende kann 2014 rauskommen, genauso aber ein anderes Datum."
Ramsauer plädierte dafür, die durch die Bauverzögerungen gewonnene Zeit zu nutzen, um den Flughafen noch vor der Eröffnung zu erweitern: "In Tegel und Schönefeld haben wir rund 25 Millionen Passagiere im Jahr. Mit dem BER können wir 27 Millionen bewältigen. Das heißt: Der BER ist von Anfang an stark ausgelastet. Wir können den Terminalbereich aber deutlich ausbauen, für zusätzlich zehn Millionen und mehr Passagiere."