Vor Bundestagswahl Gewerkschaften starten Kampagne für Rentenerhöhung

Rentnerpaar vor dem Reichstag in Berlin
Foto: Stephan Scheuer/ picture alliance / dpaDie Gewerkschaften forcieren - ein Jahr vor der Bundestagswahl - ihren Einsatz für höhere Renten. In Berlin stellte der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) eine groß angelegte Kampagne zu dem Thema vor.
"Unsere zentrale Forderung für den Kurswechsel in der Rentenpolitik ist eine Stabilisierung des gesetzlichen Rentenniveaus", sagte DGB-Chef Reiner Hoffmann zum Start der Kampagne. Langfristig müsse das Sicherungsniveau der Rente sogar wieder erhöht werden. Ohne diese Anpassung seien ab 2040 "Millionen der heute noch jungen Menschen von sozialem Abstieg oder gar Altersarmut betroffen."
Die Finanzen der gesetzlichen Rentenversicherung stehen wegen des demografischen Wandels unter Druck: Weil die Geburtenzahlen gesunken sind, stehen immer weniger erwerbstätige Beitragszahler immer mehr Rentnern gegenüber. Da zudem die Lebenswertung steigt, beziehen viele Rentner länger Rente.
Mehr Steuergelder für die Rente?
Die Politik hat sich verpflichtet, das Rentenniveau bis 2030 nicht unter die Marke von 43 Prozent sinken zu lassen. Zugleich sollen die Rentenbeiträge nicht über 22 Prozent steigen, derzeit liegen sie bei 18,7 Prozent.
Der DGB plädiert für eine "maßvolle" Anhebung "in kleinen Schritten" auf 22 Prozent. Zugleich sollen bisherige Zusatzleistungen der Rentenversicherung - im Fachjargon "versicherungsfremde Leistungen" genannt - in Zukunft direkt aus der Steuerkasse finanziert werden, allen voran die rund sieben Milliarden Euro jährlich für die Mütterrente.
Der DGB rechnet vor: Ohne Umsteuern würde ein Beschäftigter des Jahrgangs 1963 mit einem Einkommen von 2500 Euro brutto 2030 nur eine Rente von 800 Euro bekommen. "Das würde bei Weitem nicht reichen, um seinen bisherigen Lebensstandard zu halten." Private Vorsorge könne die Lücke nicht schließen.
Mit zahlreichen Veranstaltungen wollen der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften die Politik bis zur Bundestagswahl zu Reformen drängen. "Die Talfahrt des gesetzlichen Rentenniveaus muss gestoppt werden", forderte der Chef der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di, Frank Bsirske. Die drohende Altersarmut sei "eine tickende soziale Zeitbombe." Die IG Metall war bereits im Juli mit einem Konzept für ein höheres Rentenniveau, höhere Beiträge sowie Betriebsrenten für alle Arbeitnehmer vorgeprescht.
Widerstand von Unternehmen und Experten
Die Arbeitgeber dagegen warnen vor den Plänen der Gewerkschaften. "An den richtigen rentenpolitischen Grundsatzentscheidungen zum Rentenniveau, zum Beitragssatz und zur Altersgrenze muss mit Blick auf die Generationengerechtigkeit festgehalten werden", sagte Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer. "Die Gewerkschaften schüren unnötig Ängste." Die Linke und die SPD äußerten sich positiv zur DGB-Kampagne.
Experten der Bundesbank sowie Ökonomen plädieren dagegen für eine Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 69 Jahre bis zum Jahr 2060. Sie halten die unter anderem vom DGB geforderte Erhöhung des Rentenniveaus für einen Fehler. Sie begünstige einseitig die Rentner zulasten der Beitragszahler.