Hektische Telefondiplomatie
Griechenland legt neuen Vorschlag vor
In den letzten Stunden vor dem Gipfel, bei dem sich die Zukunft Griechenlands entscheidet, hat Athen offenbar einen neuen Vorschlag zur Lösung der Schuldenkrise präsentiert - per Telefon, nach Berlin, Paris und Brüssel.
Premier Tsipras im griechischen Parlament: Hektische Telefondiplomatie
Foto: AP/dpa
Jetzt ist er also angeblich da: Die griechische Regierung hat nach eigenen Angaben Deutschland, Frankreich und der EU-Kommission einen neuen Vorschlag präsentiert, mit dem die stockenden Verhandlungen der vergangenen Monate abgeschlossen werden sollen. Ministerpräsident Alexis Tsipras habe dazu am Sonntag mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident François Hollande und Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker telefoniert, hieß es in einer Erklärung der Regierung in Athen.
Der Vorschlag sei eine "für alle vorteilhafte Einigung, die eine endgültige Lösung bringt und ein Angehen des Problems nicht verschiebt", hieß es weiter. Ob Tsipras auf die Forderungen der Gläubiger zu weiteren Spar- und Reformmaßnahmen einging, blieb zunächst offen. In der Erklärung hieß es lediglich, die Vorschläge zielten auf eine "Vereinbarung zum gegenseitigen Nutzen" ab.
EU-Diplomaten bestätigten SPIEGEL ONLINE lediglich, dass die Arbeit an neuen Vorschlägen weiter gehe und dass es eine Reihe von Telefonaten gegeben habe. Juncker hat sich demnach mit Merkel und der Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde abgestimmt, auch die Europäische Zentralbank (EZB) ist eingebunden.
Sehen Sie hier im Video drei mögliche Szenarien für Griechenland:
DER SPIEGEL, Roman Höfner, Alexander Epp
Auf einige Kernforderungen will die Regierung in Athen aber trotz der Gefahr für Wirtschaft und Stabilität im eigenen Land wohl nicht verzichten: Staatsminister Nikos Pappas, einer der Verhandlungsführer, benannte in der griechischen Sonntagszeitung "Ethnos" die roten Linien: "Wiederherstellung des Arbeitsrechtes, keine Senkung von Gehältern und Renten, ein strategischer und vollständiger Plan für das Schuldenproblem" - also eine Umstrukturierung. Sein Kollege Flambouraris deutete gleichwohl die Bereitschaft an, die Frühverrentungen einzuschränken und die Unternehmensbesteuerung zu reformieren.
Schäuble fordert Reformen und warnt Griechenland
Die Europartner ihrerseits wollen Griechenland keinen Schuldenerlass in Aussicht stellen. Einen Tag vor dem Sondergipfel der Eurostaaten hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble Griechenland erneut zu Reformen aufgerufen.
Sie seien Voraussetzung für einen Erfolg der Stabilisierungspolitik, sagte Schäuble in Rasdorf, wo ihm der Point-Alpha-Preis für seine Verdienste um die Einheit Deutschlands und Europas verliehen wurde. "Wo in Europa Reformen nicht nur beschlossen, sondern auch umgesetzt worden sind, hat unsere Stabilisierungspolitik in den letzten Jahren funktioniert", sagte Schäuble. Dies sei in Irland geschehen, in Portugal, Zypern, Spanien "und in Griechenland auch, solange dort Reformen umgesetzt worden sind".
Zugleich warnte Schäuble vor einem Aufweichen der gemeinsamen europäischen Regeln. "Denn wenn wir uns auf das, was wir vereinbart haben, gar nicht verlassen können, dann wächst kein Vertrauen in Europa", mahnte der Finanzminister.
Er berät am Montag in Brüssel mit seinen Kollegen der Eurozone. Danach kommen die Staats- und Regierungschefs der 19 Eurostaaten zusammen, um noch ein Einigung mit Griechenland zu erreichen und eine Pleite des Eurolandes abzuwenden.
Die Verhandlungen laufen bereits seit fünf Monaten. Bislang halten Euroländer und IWF 7,2 Milliarden Euro an Krediten zurück, weil Athen die Auflagen nicht erfüllt hat. Sollte es in den kommenden Tagen keine Einigung geben, droht Athen am 30. Juni die Zahlungsunfähigkeit, wenn eine Rate von 1,5 Milliarden Euro beim IWF zurückgezahlt werden muss.
Faktencheck: Die Mär vom griechischen Luxusrentner