Angst vor Kapitalkontrollen Die Griechen räumen ihre Banken leer

Schlange vor dem Geldautomaten: Rund eine Milliarde pro Tag fließt ab
Foto: ARIS MESSINIS/ AFPJetzt mal ehrlich: Was würden Sie tun, wenn Sie ihr Geld bei einer griechischen Bank hätten? Wahrscheinlich würden sie es schnellstens abheben oder irgendwohin ins Ausland überweisen. Hauptsache weg. Wer weiß schon, wie lange das mit Griechenland und dem Euro noch gut geht. Und vor allem: Wie lange man noch an sein Geld rankommt.
Genauso halten es viele Griechen. Schon seit Monaten ziehen sie Geld von ihren Bankkonten ab. Der Trend begann bereits im Dezember, als sich Neuwahlen und ein möglicher Sieg des linken Syriza-Bündnisses abzeichneten. Allein bis Ende April zogen die Griechen rund 38 Milliarden Euro ab (siehe Grafik). Offiziell gibt es keine neueren Daten, doch in den vergangenen Wochen dürfte das Tempo noch einmal deutlich zugelegt haben. Nach unbestätigten Angaben flossen zuletzt jeden Tag mehr als eine Milliarde Euro ab.
Vor diesem Hintergrund mutet es seltsam an, dass sich die griechische Regierung und die internationalen Gläubiger nun schon seit fast fünf Monaten um die Auszahlung einer Kredittranche von 7,2 Milliarden Euro streiten. Diese Summe holen die griechischen Bankkunden mittlerweile in wenigen Tagen von ihren Konten.
Am meisten leiden darunter die griechischen Banken. Ohne Nothilfe der griechischen Zentralbank wären sie unter dem Ansturm der Sparer längst zusammengebrochen. Rund 90 Milliarden Euro Notkredite gewährt die Bank of Greece den heimischen Finanzinstituten mittlerweile. Die Europäische Zentralbank muss diese sogenannten Ela-Hilfen (Emergency Liquidity Assistance) genehmigen. Bis zur vergangenen Woche erhöhte sie dafür einmal pro Woche den vorgesehenen Rahmen. Mittlerweile muss die Summe täglich angehoben werden, um die enormen Geldabflüsse zu kompensieren.
600 Millionen flossen nach Deutschland
Das Geld, das die griechischen Sparer abheben, landet entweder unter dem Kopfkissen oder im Ausland. In diesem Fall fehlt es der griechischen Wirtschaft - was die ohnehin schwierige Lage nur noch verschlimmert.
Auch die deutschen Banken spüren mittlerweile die gestiegenen Einlagezuflüsse aus Griechenland. Schon im ersten Quartal waren es rund 600 Millionen Euro (siehe Grafik). Aktuellere Daten fehlen bisher, dürften aber noch deutlicher ausfallen.
Um das Ausbluten der griechischen Banken zu stoppen, bräuchte das Land eigentlich dringend sogenannte Kapitalverkehrskontrollen. Darunter versteht man Beschränkungen des Kapitalverkehrs, also etwa Höchstbeträge für Abhebungen oder Überweisungen ins Ausland. In Zypern wurden solche Kontrollen während der Finanzkrise im Frühjahr 2013 eingeführt - und erst zwei Jahre später wieder ganz abgeschafft.
Ähnliches fordern nun auch immer mehr Ökonomen und Politiker in Europa. So soll etwa Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble in der Euro-Gruppen-Sitzung am Montag die Idee ins Spiel gebracht haben, die Ela-Hilfen für die griechischen Banken zu kappen, wenn Griechenland nicht schnell Kapitalverkehrskontrollen einführe. Auch im EZB-Rat, wo die Chefs der nationalen Notenbanken versammelt sind, soll sich der Unmut über die fehlenden Kontrollen bereits bemerkbar gemacht haben.
Das Problem ist nur: Sobald solche Überlegungen nach außen dringen, wird die Situation nur noch schlimmer. Wer würde nicht schnell sein Geld abheben, wenn er in der Zeitung liest, dass er es bald nicht mehr kann?
Zusammengefasst: Griechenlands Sparer ziehen massenweise Geld von ihren Konten ab. Das bringt die Banken in Bedrängnis. Sie können nur mit Hilfe von Notkrediten der griechischen Zentralbank überleben. Um den Kapitalabfluss zu stoppen, bräuchte es dringend Kapitalverkehrskontrollen. Doch die will die griechische Regierung offenbar nicht einführen.