Profiteure der Krise Das dreifache Dilemma der Euro-Retter

Shoppingmeile in Athen: Griechenland hofft auf die Hedgefonds
Foto: Orestis Panagiotou/ dpaHamburg - Die Idee klingt zunächst einleuchtend: Der griechische Staat reduziert seine Schuldenlast, indem er Anleihen von den Gläubigern zurückkauft. Er zahlt dafür maximal 40 Prozent des Wertes - statt in einigen Jahren die volle Summe berappen zu müssen. Mit zehn Milliarden Euro Investitionen reduziert Athen so mal eben seinen Schuldenstand um 30 Milliarden Euro, baut also in der Summe 20 Milliarden Euro an Verbindlichkeiten ab.
So weit die Idee. Problematisch wird der Plan allerdings, wenn man sich anschaut, wer von diesem Schuldenrückkauf profitiert. Es sind vor allem spekulative Hedgefonds, Profi-Investoren, die sich nach dem Schuldenschnitt Anfang des Jahres billig mit griechischen Anleihen eingedeckt haben. Sie können nun die verzweifelte Lage Griechenlands ausnutzen und die riskanten Papiere mit hohen Gewinnen abstoßen.
Athen bleibt dabei kaum eine Wahl. Die Regierung ist auf die Gunst der Spekulanten angewiesen, um die Vorgaben der internationalen Geldgeber von EU, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) zu erfüllen. Am Nachmittag treffen sich in Brüssel die Finanzminister der Euro-Zone. Der griechische Amtsinhaber Yannis Stournaras soll seinen Kollegen dann die Details des Rückkaufprogramms erläutern. Außerdem auf der Tagesordnung: die Milliardenhilfen für spanische Banken und das 17,5-Milliarden-Programm für Zypern.
Bei allen drei Programmpunkten wird ein durchgehendes Dilemma deutlich. Um das übergeordnete Ziel, die Stabilisierung der Währungsunion, zu erreichen, nehmen die Euro-Retter eine schwerwiegende Nebenwirkung in Kauf: Von den nun anstehenden Rettungsaktionen profitieren Spekulanten, Oligarchen und Großbanken - also jene, die die Hilfe weder nötig noch verdient haben.
- Griechenlands Schuldenrückkauf: Nach dem Schuldenschnitt sollen Hedgefonds wie Greylock, Third Point und Fir Tree Partners die Gelegenheit genutzt und im großen Stil griechische Anleihen gekauft haben. Anfang Juni wurden Papiere mit zehnjähriger Laufzeit zum Kurs von weniger als 15 Prozent gehandelt. Die griechische Finanzagentur bietet nun an, dafür zwischen 30 und 40 Prozent des Ursprungswertes zu zahlen. Die Investoren könnten ihren Einsatz also innerhalb eines halben Jahres mehr als verdoppeln. Doch so absurd es klingen mag: Viele Hedgefonds könnten das Angebot ausschlagen. Sie setzen auf noch höhere Gewinne, wenn Griechenland die Kredite am Ende der Laufzeit komplett zurückzahlt. Ob das funktioniert, ist allerdings fraglich. Hendrik Lodde, Analyst von der DZ-Bank, sagte dem "Handelsblatt", die Entscheidung der Hedgefonds hänge davon ab, "wie gierig sie sind".
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Hilfen für Spaniens Banken: Um die maroden spanischen Geldhäuser zu stabilisieren, sollen zunächst 39,5 Milliarden Euro fließen. Das Geld kommt vom Rettungsschirm ESM und wird vom spanischen Hilfsfonds Frob verteilt. Die Kosten der Bankenrettung steigen damit für Madrid um vier Prozent der Wirtschaftsleistung. Über den ESM ist auch der deutsche Steuerzahler an den Risiken beteiligt. Der Grünen-Finanzexperte Gerhard Schick kritisiert, dass die Gläubiger der spanischen Banken bei den Maßnahmen verschont werden. "Es hätte billigere Alternativen gegeben", sagt Schick. So hätten Institute abgewickelt oder aufgespaltet werden können - "mit einer deutlich umfassenderen Investorenbeteiligung, als jetzt vorgesehen". Spanische Behörden haben die Insolvenz maroder Banken jedoch monatelang verschleppt. Schicks Kritik: "Jetzt müssen die Schulden durch harte Sparmaßnahmen von den spanischen Bürgern abgestottert werden." Mutmaßlicher Hintergrund: Die Gläubiger der spanischen Kreditinstitute sind vor allem andere europäische Großbanken.
- Hilfsprogramm für Zypern: Der angeschlagene Inselstaat soll von den Euro-Rettern 17,5 Milliarden Euro bekommen. Am Montag wird es darüber voraussichtlich noch keine endgültige Entscheidung geben. Doch dass es Hilfen geben wird, scheint beschlossene Sache. Damit dürften Rettungsmilliarden ausgerechnet in ein Land fließen, das einen zweifelhaften Ruf als Steueroase und Geldwäscheparadies hat. Der Bundesnachrichtendienst warnt, dass in Zypern russisches Schwarzgeld in Höhe von 26 Milliarden Dollar liegt. Ausländische Unternehmen, die in Deutschland als verdächtig gelten, Geldwäsche zu betreiben, kommen laut Bundeskriminalamt am dritthäufigsten aus Zypern. Und das Land hat gerade einmal rund 900.000 Einwohner. Im Klartext heißt das: Europäische Steuerzahler helfen dabei, russisches Oligarchengeld zu retten.
Die drei Beispiele zeigen, welche Nebenwirkungen die Strategie der Euro-Retter hat. "Das Krisenmanagement führt dazu, dass häufig die Falschen gewinnen und die Masse der Bürgerinnen und Bürger bezahlen", sagt Grünen-Politiker Schick.