Griechenland vor dem Eurogipfel Vier Wege, wie es weitergehen kann

Premierminister Tsipras: Personell abgerüstet
Foto: Armando Babani/ dpaNach dem Reform-Nein der Griechen dauerte es am Sonntag nur wenige Stunden, bis klar war: Die Eurostaaten wollen das Schlimmste doch noch verhindern. Noch vor Mitternacht kündigte der Sprecher von Euro-Gruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem ein neues Krisentreffen an. Am Dienstagmittag sollen zunächst die Finanzminister der 19 Euroländer zusammenkommen. Am Abend sind dann die Staats- und Regierungschefs dran.
Das Ziel bleibe weiterhin, Griechenland in der Eurozone zu halten, sagte Dijsselbloem am Montag. "Aber ob das gelingt, müssen wir sehen." Durch das Referendum sei es jedenfalls nicht leichter geworden.
Tatsächlich ist schwer abzusehen, wie sich Griechenland nach dem Referendum noch mit den Eurostaaten einigen will, ohne dass eine Seite ihr Gesicht verliert. Ganz ausgeschlossen ist es allerdings nicht. Und so blieben die Töne, die am Montag angeschlagen wurden, denn auch eher moderat.
Im Video: Die Kanzlerin fordert Lösungsvorschläge aus Athen
Eine Vermittlerrolle zwischen den verhärteten Fronten könnten Frankreich und Italien einnehmen. Der italienische Regierungschef Matteo Renzi begann schon mal, die harte Haltung der Europäer zumindest ein bisschen aufzuweichen. "Wenn wir Gefangene von Regelungen und Bürokratie bleiben, ist Europa am Ende", ließ er auf Facebook mitteilen. Der Gipfel am Dienstag müsse einen endgültigen Weg aufzeigen, um den sozialen und wirtschaftlichen Notstand in Griechenland zu beenden.
Die Umschuldung könnte zur Verhandlungsmasse werden
Klar ist: Die Eurostaaten erwarten nun neue Vorschläge aus Athen. Das zweite Hilfsprogramm für Griechenland ist am 30. Juni ausgelaufen. Und Ministerpräsident Tsipras hat bereits vergangene Woche beim Euro-Rettungsfonds ESM neue Hilfen beantragt. Den Finanzbedarf für zwei Jahre gab er dabei mit 29,1 Milliarden Euro an. Ihm dürfte klar sein, dass die Eurostaaten dafür auch Gegenleistungen erwarten.
Basis dürften dabei ausgerechnet jene Spar- und Reformforderungen sein, die die Gläubiger zuletzt vorgelegt hatten - und die das griechische Volk am Sonntag im Zuge eines Referendums mit großer Mehrheit abgelehnt hat.

Yanis Varoufakis: Der Rocker tritt ab
Weit hinter diese Forderungen zurück können die Eurostaaten nicht gehen, ohne ihre Glaubwürdigkeit zu verlieren. Aber auch Tsipras kann die Bedingungen nun kaum mehr akzeptieren - schließlich hat das griechische Volk genau diese Politik gerade abgelehnt.
Als Verhandlungsmasse kämen Erleichterungen beim griechischen Schuldendienst infrage. Die Regierung in Athen fordert seit Monaten einen Schuldenschnitt, bei dem ein großer Teil der insgesamt 320 Milliarden Euro Verbindlichkeiten erlassen oder zu günstigen Zinskonditionen weit in die Zukunft verschoben würde.
Deutschland und viele andere Euroländer lehnen das bisher ab. Allerdings hält der Internationale Währungsfonds (IWF), selbst einer der Gläubiger, einen Schuldenschnitt mittlerweile offiziell für notwendig - und hat Tsipras damit Munition für weitere Verhandlungen geliefert.
Im Gegenzug hat Tsipras bereits personell abgerüstet: Statt der wirtschaftstheoretischen Dampframme Yanis Varoufakis soll der moderatere Euklidis Tsakalotos das Finanzministerium und die Verhandlungen in Brüssel führen.
Denkbar sind nun vier Szenarien, wie es in den kommenden Tagen weitergehen könnte:

- Der Krisengipfel einigt sich darauf, die Verhandlungen für ein drittes Hilfspaket aufzunehmen. Details müssten dann in den folgenden Tagen geklärt werden - allerdings schnell, denn schon ab Freitag werden weitere Schulden Griechenlands fällig. Spätestens am 20. Juli geht dem Land das Geld aus. Dann muss es 3,5 Milliarden Euro an die Europäische Zentralbank (EZB) zurückzahlen.
- Die Eurostaaten einigen sich darauf, dass es keine Einigung geben wird. Sie bereiten gemeinsam mit Griechenland den Grexit vor - den geordneten Austritt des Landes aus der europäischen Währungsunion.
- Der Gipfel bringt kein Ergebnis. Noch in dieser Woche wird aber weiter gesprochen. Ein nächstes Last-minute-Treffen könnte dann die wirklich letzte Chance sein. Ob die Zeit bis dahin reicht, hängt allerdings auch davon ab, ob die EZB weitere Nothilfen für die griechischen Banken gewährt. Ansonsten droht dem Land der Kollaps des Finanzsystems. Immerhin: Am Montagabend erklärte die Notenbank, die Notkredite würden weiter gewährt - allerdings zu verschärften Bedingungen.
- Der Gipfel bringt kein Ergebnis. Beide Seiten stehen sich weiter unversöhnlich gegenüber, neue Gespräche sind nicht geplant. Es droht ein ungeordneter Grexit.