Griechischer Flüchtlingsplan Wer Geld hat, darf bleiben

Flüchtlinge in Idomeni
Foto: SAKIS MITROLIDIS/ AFPDmitris Mardas war bis vor einem halben Jahr noch Griechenlands stellvertretender Finanzminister, er weiß also, wovon er spricht: "Unser Job ist es, überall nach Investitionen zu suchen", sagte der linke Politiker kürzlich zum Fernsehsender Skai TV.
Inzwischen ist Mardas ins Außenministerium gewechselt und dort mit der Flüchtlingskrise befasst, die Griechenland stärker betrifft als jedes andere Land in der EU. Er hofft, dass einige der aktuell mehr als 50.000 Migranten und Flüchtlinge nennenswerte Ersparnisse haben.
Sein Plan: Flüchtlinge, die ihre Reserven von Auslandskonten nach Griechenland holen und dort investieren, sollen die Chance auf eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis bekommen.
Wie genau der Plan umgesetzt werden soll, sagte Mardas nicht. Eine Möglichkeit wäre, ein 2014 verabschiedetes Gesetz zu erweitern. Dieses ermöglicht Nicht-EU-Bürgern eine fünf Jahre gültige und erneuerbare Aufenthaltsgenehmigung, wenn sie in Griechenland Immobilien im Wert von mindestens 250.000 Euro erwerben. Ähnliche Gesetze verabschiedeten auch Spanien und Portugal auf dem Höhepunkt der Eurokrise.
Türkei und Ägypten profitieren von flüchtenden Firmen
Dass Mardas einen solchen Plan lanciert, ist nicht überraschend. Der Ökonom ist es gewohnt, finanziell kreativ sein zu müssen. In seiner Zeit als Stellvertreter von Ex-Finanzminister Yanis Varoufakis stand die von der Linkspartei Syriza geführte Regierung nahezu wöchentlich vor der Pleite und verwendete einen Großteil ihrer Mühe darauf, rechtzeitig das nötige Geld für fällige Anleihen zusammenzukratzen. Seitdem hat sich die wirtschaftliche Lage Griechenlands kaum gebessert, zudem aber schultert das Mittelmeerland nun die Hauptlast der Flüchtlingskrise.
Dennoch löst der Plan heftige Reaktionen aus: Die sozialdemokratische Pasok-Partei attackierte Mardas, weil dieser Griechenlands gesetzliche und moralische Pflicht, Flüchtlingen zu helfen, mit deren Bankkonten verknüpfe. Ex-Parlamentspräsidentin Zoe Konstantopoulou, die Syriza inzwischen verlassen hat, schrieb auf Twitter, der Plan offenbare "Nazidenken".
Mardas verteidigte seinen Vorstoß und wies Journalisten auf historische Vorbilder hin. Der Plan basiere auf der Erfahrung anderer Länder wie der Türkei oder Ägypten, sagte der Vizeminister. Tatsächlich sind seit Beginn des Bürgerkriegs 2011 zahlreiche syrische Firmen dorthin emigriert und haben knapp eine halbe Milliarde Euro dort investiert.
Dass Griechenland auch auf solche Summen hoffen kann, wird aber bezweifelt. Ein bekannter Kolumnist der konservativen Tageszeitung Kathimerini schrieb am Dienstag: "Selbst wenn einige Migranten die Ersparnisse haben, von denen Mardas träumt: Warum würden sie sie nach Griechenland bringen [statt in] ein normales europäisches Land?"
Video: Neugeborenes im Flüchtlingslager Idomeni
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