Neues Sparprogramm In Griechenland werden Neuwahlen wahrscheinlicher

Der Auftakt war zäh, doch nun versichert die griechische Regierung: Vor Monatsende soll der neue Deal mit den Gläubigern stehen. In der Regierungspartei Syriza aber wächst der Widerstand.
Unter Zeitdruck: Finanzminister Tsakalotos vor einem Treffen mit den Gläubigern

Unter Zeitdruck: Finanzminister Tsakalotos vor einem Treffen mit den Gläubigern

Foto: Giannis Kotsiaris/ AP/dpa

Die Verhandlungen zwischen Griechenland und seinen Gläubigern über neue Finanzhilfen begannen in der vergangenen Woche mit Misstönen. Die Regierung wollte die Vertreter der früher als Troika bekannten Institutionen außerhalb Athens unterbringen, offiziell aus Sicherheitsgründen. Nun residieren sie doch im zentral gelegenen Hilton-Hotel, wo die Verhandlungen offenbar vorankommen: Ab frühem Dienstagnachmittag wollten Finanzminister Euklidis Tsakalotos und Wirtschaftsminister Georgos Stathakis mit den Gläubigern über die Privatisierung von Staatsunternehmen debattieren, hieß es aus griechischen Regierungskreisen.

Das Thema ist umstritten, der offiziell angepeilte Privatisierungserlös von 50 Milliarden Euro dürfte kaum erreichbar sein. Doch die Zeit drängt: Am 20. August muss Griechenland 3,2 Milliarden Euro an die Europäische Zentralbank (EZB) zahlen. Zudem läuft eine Brückenfinanzierung aus, die bis zum Beschluss eines neuen Hilfspakets die Staatspleite verhindern soll. Sollte eine rechtzeitige Einigung scheitern, könnten weitere Ad-hoc-Hilfen notwendig werden, deren Finanzierung neue Probleme aufwerfen würde.

Wie heikel die Lage ist, zeigte am Dienstag erneut der Blick auf die griechische Börse. Dort brachen den zweiten Tag in Folge die Aktienkurse ein. Besonders deutlich waren die Verluste bei den griechischen Banken, denen infolge der massiven Kapitalflucht in den vergangenen Monaten die Pleite droht.

Entsprechend bemüht ist die griechische Regierung, ihren guten Willen zu beteuern: Laut einer Sprecherin wird sie alles Versprochene tun, damit es in den kommenden Tagen zu einer Einigung mit den Gläubigern kommt. Danach soll das Abkommen vom griechischen Parlament gebilligt werden, wahrscheinlich am 18. August. Bereits am Mittwoch soll zudem damit begonnen werden, die Details des Abkommens niederzuschreiben.

Die Gläubiger fordern von Athen unter anderem die Abschaffung von Steuererleichterungen für Bauern, die Erhöhung des Rentenalters, die Einschränkung von Streiks durch neue Gesetze und die Liberalisierung des Arbeitsmarktes. Im Gegenzug soll es weitere Finanzhilfen in Höhe von bis zu 86 Milliarden Euro geben.

Eisenbahnen ganz oben auf der Privatisierungsliste

Einen Privatisierungsfonds gibt es in Griechenland seit 2011, ebenso wie das Privatisierungsziel von 50 Milliarden Euro. Bislang belaufen sich die Einnahmen aus den Privatisierungen jedoch nur auf etwa drei Milliarden Euro.

Ganz oben auf der Verkaufsliste stehen nun die griechischen Eisenbahnen. Die Bahngewerkschaft hat einen harten Kampf gegen diesen Verkauf angekündigt, bereits am Montag legten die Eisenbahner für mehrere Stunden die Arbeit nieder. Dabei ist das Interesse an dem Unternehmen bislang überschaubar: Der Chef der österreichischen Eisenbahn erklärte, er würde den Konzern nur geschenkt übernehmen.

Als Albtraum für jede griechische Regierung gilt der geplante Verkauf von Teilen der Elektrizitätsgesellschaft und ihres Stromnetzes. Die Gewerkschaften sind dort so stark, dass sie im Land mit umfangreichen und langen Streiks das Licht ausgehen lassen könnten. Die Zukunft des Gasnetzes Desfa ist noch unklar.

Etliche weitere Privatisierungen sind noch in der Schwebe. Darunter sind der Verkauf des alten, seit 2002 geschlossenen Flughafens von Athen, Hellenikon, sowie die Verpachtung von 13 Regionalflughäfen. Der deutsche Flughafenbetreiber Fraport hatte im November 2014 zusammen mit einem griechischen Partner die Betreiberkonzessionen für die Regional-Airports erhalten - darunter die Flughäfen in Thessaloniki sowie auf den Inseln Kreta, Korfu und Rhodos. Der endgültige Vertrag sollte ursprünglich im Laufe dieses Jahres unterzeichnet werden. Jetzt wird der Fall wieder geprüft.

Bereits gelungen ist die Verpachtung eines Teils des Hafens von Piräus an den chinesischen Transportriesen Cosco. Geplant ist nun die Verpachtung weiterer Teile des Hafens von Piräus und des wichtigen Hafens von Thessaloniki sowie einer Raffinerie.

Auch seine Anteile am Glücksspielunternehmen Opap hat der Staat bereits verkauft. Wie umstritten dieser Deal in der griechischen Regierung offenbar ist, wurde vor wenigen Tagen bekannt: Laut einem Bericht plante sie, im Falle eines Euro-Austritts die Privatisierung von Opap rückgängig zu machen.

Linken-Führer ruft zum Nein auf

Auch nach der Wiederannäherung zwischen Griechenland und seinen Gläubigern bleibt der Widerstand in der Regierungspartei Syriza groß. Der Anführer des linken Flügels, Panagiotis Lafazanis, rief am Dienstag alle Abgeordneten seiner Partei zur Ablehnung eines neuen Reform- und Sparprogramms auf, falls ein solches in den kommenden Tagen von Ministerpräsident Alexis Tsipras vorgelegt werden sollte. Dies sagte Lafazanis dem Nachrichtenportal "Realnews.gr". Regierungssprecherin Olga Gerovasili bezeichnete daraufhin im griechischen Fernsehen Neuwahlen als "wahrscheinlich".

Der linke Flügel der Partei stimmte bereits zwei Mal gegen Reform- und Sparmaßnahmen. Tsipras hatte deswegen bereits vergangene Woche Neuwahlen nicht ausgeschlossen. In Athen wird davon ausgegangen, dass er ein drittes Hilfsprogramm notfalls mit den Stimmen der Opposition durchboxen wird.


Zusammengefasst: Griechenland und seine Geldgeber verhandeln wieder, bis zum 18. August soll ein drittes Hilfspaket vom Parlament verabschiedet werden. Doch schon jetzt ruft Linken-Führer Lafazanis zum Widerstand auf, baldige Neuwahlen werden damit wahrscheinlicher.

dab/dpa
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