Haftung für Bankenhilfen
ESM-Chef Regling widerspricht Schäuble
Wer haftet für mögliche Milliarden-Kredite an europäische Banken? Die jeweiligen Staaten, sagt Finanzminister Schäuble. Der künftige Chef des Rettungsschirms ESM, Klaus Regling, sieht das Risiko allerdings bei den Geldgebern - also auch bei Deutschland.
Berlin - Bei den geplanten Direkthilfen für marode Banken haften die Geberländer offenbar mit Steuergeldern. Dieser Ansicht ist zumindest der Mann, der das Geld verteilen soll: Der künftige ESM-Chef Klaus Regling sagte der "Welt am Sonntag", die jeweiligen Staaten müssten keineswegs dafür geradestehen, wenn sich ihre Banken frisches Geld beim Rettungsfonds besorgten.
Regling sagte, sobald es eine wirkliche Bankenaufsicht durch die Europäische Zentralbank (EZB) gebe, bestehe "die Möglichkeit, dass wir Kredite direkt an Banken geben und sie nicht wie heute über die Regierung leiten. Dann ist das Land raus aus der Haftung".
Damit nimmt Regling eine andere Position ein als Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), der die Haftung bei den jeweiligen Staaten sieht. EFSF-Sprecher Christof Roche wies allerdings den Eindruck zurück, Regling habe Schäuble widersprochen. Regling sei in dem Interview nicht zu den Ansichten Schäubles befragt worden, so Roche.
Ende Juni hatten die Euro-Staaten vereinbart, eine gemeinsame Bankenaufsicht unter Einbeziehung der EZB zu installieren und direkte Hilfen an strauchelnde Banken zu ermöglichen. Seither wird darüber diskutiert, ob in einem solchen Hilfsfall die jeweiligen Heimatstaaten der Banken oder die Geldgeber des ESM haften sollen. Bleibt das Risiko beim Rettungsfonds hängen, würden die eingezahlten Steuergelder bei Verlusten direkt haften. Der Fonds könnte sich das Geld nicht bei den Heimatstaaten der Empfängerbanken wiederholen.
Weidmann rät Spanien, ganz unter den Rettungsschirm zu schlüpfen
Schäuble sagte der "Mittelbayerischen Zeitung", die deutschen ESM-Risiken seien klar definiert und auf 190 Milliarden Euro begrenzt - 168 Milliarden an abrufbaren Garantien und 22 Milliarden als Bareinlage. Darüber hinaus gebe es keine deutschen ESM-Risiken.
Dennoch zeigen sich auch viele Politiker aus den Regierungsparteien CDU/CSU und FDP besorgt. Der bayerische Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) teilte mit, er halte direkte Hilfen für Banken aus dem Rettungsschirm ESM ohne eine Haftung des jeweiligen Staates nicht für möglich. Auch der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer hatte sich bereits kritisch zu den Brüsseler Beschlüssen geäußert.
Am Donnerstag will der Bundestag in einer Sondersitzung über die Hilfen für den spanischen Bankensektor beraten, die allerdings noch nicht nach den neuen Regeln fließen sollen. Trotzdem dürfte in der Debatte auch das Haftungsthema wieder hochkochen.
Spanien hat die Euro-Länder um Bankenhilfe in Höhe von 100 Milliarden Euro gebeten. Diese soll anders als bei den bisherigen Krisenländern nicht an gesellschaftliche Reformauflagen geknüpft werden, weil das Geld nicht in die Staatskasse, sondern nur in den Finanzsektor fließen soll.
Die Deutsche Bundesbank empfiehlt dem Land dagegen, ganz unter den Rettungsschirm zu schlüpfen und sich nicht nur auf die Bankenhilfe zu beschränken. "Bankbilanzen sind immer auch ein Spiegel der Gesamtwirtschaft", sagte Bundesbankpräsident Jens Weidmann der "Börsen-Zeitung". Er sei überzeugt davon, "dass die Probleme in Spanien breit angegangen werden müssen".