Handelsstreit USA verhängen Strafzölle gegen EU-Länder
Die USA wollen Stahl- und Aluminium-Importe aus der EU künftig mit Strafzöllen belegen. Das gab US-Wirtschaftsminister Wilbur Ross in Washington bekannt. Ab Mitternacht würden die neuen Zölle für die EU, Kanada und Mexiko gelten. Bis zum 1. Juni hatte die US-Regierung eine vorläufige Ausnahmeregelung erteilt. Diese läuft nun aus.
"Wir freuen uns darauf, die Verhandlungen mit Mexiko und Kanada einerseits, und mit der Europäischen Kommission auf der anderen Seite fortzuführen", sagte Ross. Es gebe weitere Probleme zu lösen. Die USA verhandeln gerade mit Mexiko und Kanada über die Fortsetzung des gemeinsamen Freihandelsabkommens Nafta.
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker nannte die Strafzölle vollkommen inakzeptabel. "Das ist ein schlechter Tag für den Welthandel", sagte er. Die US-Zölle seien schlicht und einfach Protektionismus. Die EU werde in den kommenden Stunden mit Vergeltungszöllen reagieren.
Juncker verwies noch einmal darauf, dass die EU bereit gewesen wäre, mit den USA über einen besseren EU-Marktzugang für amerikanische Unternehmen zu verhandeln. Zudem bezeichnete er die von Ländern wie China verursachten Überkapazitäten auf dem globalen Stahlmarkt als Ursache der Probleme der US-Branche. Indem nun unschuldige Länder ins Visier genommen würden, spielten die USA den Verantwortlichen in die Hände, sagte er.

Stahlarbeiter (Archiv)
Foto: Roland Weihrauch/ picture alliance / Roland WeihraEU-Handelskommissarin Cecilia Malmström teilte mit, die EU-Antwort werde verhältnismäßig und in Übereinstimmung mit den Regeln der Welthandelsorganisation WTO sein. Die EU werde zudem bei der WTO den entsprechenden Mechanismus zur Konfliktlösung aktivieren. Zum Kurs der USA sagte sie: "Das ist nicht die Art und Weise, wie man Geschäfte macht - vor allem nicht mit langjährigen Partnern, Freunden und Alliierten."
Die USA sehen sich für die Antwort der Europäer gut gerüstet. Ross sagt dem Sender CNBC, Gegenmaßnahmen der EU oder von anderen Staaten hätten wahrscheinlich keine großen Auswirkungen auf die US-Wirtschaft.
Deutsche Wirtschaft entsetzt
Großbritannien äußert sich in einer ersten Reaktion "sehr enttäuscht". Ein Regierungssprecher sagt, das Vereinigte Königreich und die EU seien enge Verbündete der USA und sollten von den Schutzzöllen dauerhaft ausgenommen werden. Großbritannien werde weiter eng mit der EU und den USA daran arbeiten, dies zu erreichen.
Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) bezeichnete die US-Entscheidung als nicht nachvollziehbar. "Unsere Antwort auf 'America First' kann nur heißen: 'Europe united'", sagt er. Deutschland habe kein Interesse an einer Eskalation. Man werde sich weiter für ein offenes und multilaterales Handelssystem einsetzen. "Handelskonflikte kennen keine Gewinner."
Die deutsche Wirtschaft reagiert entsetzt. "Mit der Einführung von Strafzöllen selbst gegen engste Verbündete brechen die USA internationales Recht", sagte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Eric Schweitzer. "Verlieren werden alle: US-Verbraucher, europäische Unternehmen sowie der Produktionsstandort USA."
"Die Stahlindustrie in Deutschland verurteilt diesen Schritt", teilt Hans Jürgen Kerkhoff, Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl mit. "Nach dieser Entscheidung ist es jetzt wichtig, die Stahlunternehmen zumindest vor umgelenkten Handelsströmen zu schützen." Die Branche fürchtet, dass Stahl, der bisher aus Drittstaaten in die USA geliefert wurde, nun vor allem in die EU umgeleitet wird, da es dort keine vergleichbaren Handelsschranken gibt.
Verhandlungen bis zuletzt
Bis zuletzt hatte die EU versucht, ein Inkrafttreten der Strafzölle zu verhindern. Ein Krisengespräch zwischen Ross und Malmström hatte am Mittwoch jedoch keinen Durchbruch gebracht.
Die EU wollte sich nicht erpressen lassen und verlangte, von den Zöllen bedingungslos und unbefristet ausgenommen zu werden. Erst dann sollte über mögliche Handelserleichterungen für die US-Wirtschaft gesprochen werden. Dazu sagte Ross: "Wir waren nicht bereit, diese Bedingung zu erfüllen."
Die USA begründen die Strafzölle von 25 Prozent auf Stahl und zehn Prozent auf Aluminium offiziell mit Sicherheitsbedenken. US-Präsident Donald Trump hatte sie im März angekündigt. Zudem hatte Trump zuletzt auch Einfuhrzölle auf deutsche Autos ins Gespräch gebracht. Diese treten allerdings noch nicht in Kraft.
Die EU und Japan warnen dennoch bereits vor "beträchtlichen Turbulenzen auf dem Weltmarkt", falls die USA Einfuhrzölle auf Autos verhängen sollten. Das geht aus einer gemeinsamen Erklärung hervor, die nach dem Treffen von Malmström mit ihrem japanischen Amtskollegen Hiroshige Seko in Paris veröffentlicht wurde.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte zuvor eine "entschiedene und gemeinsame" Antwort der EU auf die Strafzölle angekündigt. "Wir glauben, dass diese Zölle nicht vereinbar sind mit den WTO-Regeln." Frankreichs Wirtschaftsminister Bruno Le Maire hatte ebenfalls eine starke Antwort der EU in Aussicht gestellt.
Vergeltungszölle ab Mitte Juni möglich
Die EU-Vergeltungszölle sollen nach einer bereits bei der WTO eingereichten Liste auf US-Produkte wie Whiskey, Erdnussbutter, Motorräder, Jeans oder Tabakprodukte erhoben werden. Auch amerikanische Stahlerzeugnisse, Schiffe und Boote wären betroffen. Der geplante Zusatzzollsatz auf all diese Produkte würde 25 Prozent betragen.
Die EU hatte die möglichen Gegenzölle am 18. Mai bei der Welthandelsorganisation vorsorglich angemeldet. Sie könnten 30 Tage später in Kraft gesetzt werden, hieß es in einer Mitteilung. Die EU kündigte darin an, sich nun zunächst mit den Mitgliedstaaten abzustimmen, um eine formale Entscheidung zur Fortführung dieses Prozesses zu treffen.
Mexiko wird Angaben des Wirtschaftsministeriums zufolge als Reaktion auf die US-Zölle ebenfalls Gegenmaßnahmen beschließen. Es würden Zölle auf US-Produkte in Höhe der Mexiko betreffenden US-Zölle erhoben, teilt das Ministerium mit. Die neuen mexikanischen Zölle würden so lange gelten, wie die USA ihre Strafzölle auf Stahl- und Aluminium-Einfuhren erhebe.