Solidarisches Grundeinkommen Arbeitsagentur-Chef warnt vor falschen Versprechungen

Der Chef der Bundesagentur für Arbeit fordert ein Ende der Debatte über Hartz IV. Das solidarische Grundeinkommen sei "ein Begriff, der in die Irre führt", sagte Detlef Scheele.
BA-Chef Detlef Scheele

BA-Chef Detlef Scheele

Foto: Nicolas Armer/ dpa

Der Vorstandschef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Detlef Scheele, hat Forderungen nach einem solidarischen Grundeinkommen als Alternative zu Hartz IV eine klare Absage erteilt. Die Regierung solle die im Koalitionsvertrag vereinbarten Regelungen für einen sozialen Arbeitsmarkt endlich auf den Weg bringen, sagte Scheele. "Meine Bitte an die Politik ist, endlich anzufangen und die dafür notwendigen Gesetze zu machen, anstatt eine Grundsatzdiskussion über das Für und Wider des Grundsicherungssystems zu führen." Nur so könne man Arbeitslosen helfen, eine Arbeit zu finden und ihre Würde zurückzuerlangen.

Das vom Berliner Bürgermeister Michael Müller (SPD) vorgeschlagene solidarische Grundeinkommen sei "ein Begriff, der in die Irre führt", sagte Scheele. Er verspreche den Menschen etwas, das man nicht halten könne. "Es gibt auch keine Infrastruktur mehr für eine öffentliche Beschäftigung", sagte der BA-Chef, der selbst SPD-Mitglied ist.

Die SPD diskutiert derzeit intensiv über Armut und die Zukunft des Sozialsystems. Der kommissarische Parteichef und Bundesfinanzminister Olaf Scholz lehnte in der Debatte eine Abschaffung von Hartz IV ab. Für die SPD bleibe es beim Kernprinzip dieser Arbeitsmarktreform, sagte Scholz den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will bis zum Sommer das Gesetz für einen sozialen Arbeitsmarkt vorlegen, von dem 150.000 Langzeitarbeitslose profitieren sollen. Dabei geht es um Lohnkostenzuschüsse für Beschäftigung in Unternehmen, Kommunen oder Wohlfahrtsverbänden. Das Förderprogramm soll vier Milliarden Euro umfassen.

Die Lohnkostenzuschüsse sollen nach Heils Vorstellungen über einen Zeitraum von fünf Jahren gewährt werden, dabei allerdings allmählich abschmelzen. Damit solle verhindert werden, dass es zu einer verfestigten Subventionierung kommt.

Konkret plant Heil eine Neuregelung im Sozialgesetzbuch II, mit der die bislang im Rahmen von Modellprojekten mögliche Förderung von Langzeitarbeitslosen zur Regelleistung werden soll. Der soziale Arbeitsmarkt "kann Türen für den Arbeitsmarkt öffnen und Wege aus der Grundsicherung ebnen", sagte der Minister.

Nach Vorstellungen der Bundesagentur für Arbeit soll es bei der öffentlich geförderten Beschäftigung um Menschen gehen, die seit vier bis fünf Jahren langzeitarbeitslos sind. Vorstellbar sei ein Lohnkostenzuschuss von 75 bis 80 Prozent.

Zurzeit sind bei der Bundesagentur 845.000 Langzeitarbeitslose registriert, die seit einem Jahr oder länger arbeitslos im Sinne der Statistik sind. Der größte Teil (758.000) erhält Leistungen aus der Grundsicherung. Die Zahl sinkt langsam.

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mmq/Reuters/dpa
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