Pläne von SPD und Grünen Wirtschaftsweise gegen Abschaffung von Hartz IV

Christoph Schmidt mit weiteren Mitgliedern des Sachverständigenrats
Foto: Bernd von Jutrczenka/ dpaSPD-Chefin Andrea Nahles stellte vor wenigen Wochen ihre Pläne für eine neue Grundsicherung und ein "Bürgergeld" vor. Grünen-Chef Robert Habeck will Hartz IV gar für eine "Garantiesicherung" ohne Arbeitszwang abschaffen. Diese Vorstöße bis hin zu einer Abkehr vom bestehenden Sozialsystem stoßen jedoch auf zunehmend heftigen Widerstand.
Nun haben auch die Wirtschaftsweisen Christoph Schmidt und Peter Bofinger in der "Rheinischen Post " die Reformpläne zurückgewiesen. "Die Arbeitsmarktreformen der 2000er-Jahre haben dazu beigetragen, dass die Arbeitslosigkeit auf dem niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung ist", sagte Schmidt, der Vorsitzender des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (SVR) ist. "Jetzt dem Prinzip des 'Förderns und Forderns' abzuschwören, würde vor allem zu Lasten der Schwächsten gehen."
Pläne kämen einem bedingungslosen Grundeinkommen gleich
Auch der gewerkschaftsnahe Ökonom Bofinger hält dem Bericht zufolge wenig von den Reformplänen von SPD und Grünen. "Ein solcher Systemwechsel wäre voraussichtlich sehr teuer, und das Fehlen jeglicher Arbeitsanreize wäre auch für die Betroffenen nicht unbedingt vorteilhaft", sagte er der "Rheinischen Post". Ohne Kontrolle und den Zwang zur Arbeit würde "de facto von einem bedingten zu einem bedingungslosen Grundeinkommen" übergegangen.
SPD-Chefin Nahles hatte zuletzt gesagt: "Wir werden Hartz IV hinter uns lassen." Die neue Grundsicherung müsse ein Bürgergeld sein. Die Leistungen müssten klar und auskömmlich sein, Sanktionen müssten weitgehend entfallen. Habeck schrieb in einem Debattenbeitrag : "Die Menschen sollen nicht gezwungen werden, Termine mit dem Jobcenter zu machen oder Arbeit zu suchen."
Vor den Wirtschaftsweisen hatten sich bereits einige prominente Politiker aus dem linken wie dem konservativen Lager gegen die Pläne ausgesprochen. Der stellvertretende SPD-Chef Ralf Stegner sagte: "Jeder, der arbeiten kann, der muss auch arbeiten." Der CDU-Sozialpolitiker Kai Whittaker mahnte: "Die Betroffenen müssten spüren, dass sich Arbeit lohnt." Auch CSU und FDP äußerten Kritik.
Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer sagte: "Am Grundsatz des Förderns und Forderns darf nicht gerüttelt werden." Die zentrale Herausforderung bestehe darin, wie möglichst viele Menschen aus der Arbeitslosigkeit herausgeholt werden könnten - und nicht, wie sie besser verwaltet werden könnten.
Die umgangssprachlich Hartz IV genannte Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe war in der rot-grünen Koalition unter dem damaligen Kanzler Gerhard Schröder beschlossen worden. Derzeit liegt der Satz für diese Sozialleistung für einen erwachsenen alleinstehenden Menschen bei 416 Euro pro Monat. Der Bezug der Leistung wurde immer wieder stärker an Bedingungen geknüpft, sich um Fortbildungen und neue Jobs zu bemühen.