BER-Chefs Mehdorn und Wowereit Duo Infernale

Technikchef kaltgestellt, Aufsichtsratsvorsitz vakant - am Pannen-Airport in Berlin halten jetzt zwei alte Haudegen die Fäden in der Hand, die sich in herzlicher Abneigung verbunden sind: Hartmut Mehdorn und Klaus Wowereit. Für den Flughafen ist das Schlimmste zu befürchten.
BER-Verantwortliche Wowereit (l), Mehdorn: Verhältnis mit Animositäten

BER-Verantwortliche Wowereit (l), Mehdorn: Verhältnis mit Animositäten

Foto: Hannibal Hanschke/ picture alliance / dpa

Berlin - Vom Technikgeschäftsführer zum Chefgärtner, so lässt sich die kurze Karriere vom Horst Amann in der Berliner Flughafengesellschaft beschreiben. Nach monatelangen Fehden mit seinem Kollegen Hartmut Mehdorn zog der Aufsichtsrat am Mittwochabend die Reißleine. Amann werde vorzeitig von seinem Posten entbunden, verkündete der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Klaus Wowereit. Die Entscheidung sei "in gegenseitigem Einvernehmen" getroffen worden.

Zumindest nach offizieller Lesart. Denn Wowereit hatte noch Anfang der Woche klargemacht, dass er den Vertrag mit Amann, der bis 2017 läuft, auf keinen Fall auszahlen will. Für seine harte Haltung habe er sich, so heißt es in Gesellschafterkreisen, die Rückendeckung der anderen Anteilseigner geholt. Wenige Stunden vor der Aufsichtsratssitzung schließlich zog er Amann beiseite, um ihm zu eröffnen, dass das Gremium seine Abberufung als Technik-Geschäftsführer beschließen wird.

So kam es dann auch. Ab 1. November soll Amann nun die Flughafen Energie und Wasser GmbH führen, die die Leitungen für Strom, Wasser und Abwasser und für die Klimaanlagen in Stand hält. Der Nachfolger für seinen bisherigen Job steht im Prinzip schon fest: Mehdorn wird einen Großteil der Aufgaben mitübernehmen.

Eingespieltes Duo

Damit hält am Hauptstadtflughafen plötzlich wieder ein Duo die Fäden in der Hand, das als bestens eingespielt gilt. Allerdings weniger, wenn es darum geht, am gleichen Strang zu ziehen und Probleme gemeinsam zu lösen, sondern vielmehr im täglichen Kleinkrieg miteinander: Mehdorn und Wowereit.

Unvergessen ist der öffentliche Schlagabtausch, den sich die beiden 2005 um den Standort der Bahn-Zentrale geliefert hatten. Der damalige Bahn-Chef Mehdorn hatte sie nach Hamburg verlegen wollen, um dabei gleichzeitig die Hafengesellschaft unter seine Kontrolle bringen zu können. Wowereit intervenierte und zwang den Kontrahenten zu einer Kehrtwende.

Dafür trägt die Stadt bis heute schwer an den Folgen des rigiden Spardiktats, mit dem Mehdorn die Bahn für den Börsengang trimmen wollte. Jedes Jahr fürchten die Hauptstadtbewohner einen harten Winter, wenn die Türen der S-Bahn-Züge einfrieren und die schlecht gewarteten Waggons reihenweise ausfallen. Wowereit, so erinnern sich Vertraute, soll heilfroh gewesen sein, als Mehdorn 2009 seinen Posten als Bahn-Chef nach der Abhöraffäre aufgab.

Dass die beiden ihre Animositäten jetzt zurückstellen, um sich dem Bau des neuen Hauptstadtflughafens zu widmen, halten Beobachter für unwahrscheinlich. Sowohl Mehdorn als auch Wowereit gelten als Männer mit einem extrem guten Gedächtnis - und als nachtragend. Dass der Konflikt bislang erst in Ansätzen aufgebrochen ist, liegt wohl eher am ungeheuren Erfolgsdruck, der auf beiden lastet. Ein Termin für die BER-Eröffnung steht noch in den Sternen.

Undankbare Aufträge

Das entscheidende Problem auf diesem Wege bleibt die Entrauchungsanlage. Techniker bemühen sich zurzeit, das Gewirr aus Rohren und Klappen in drei Bereiche aufzuteilen, um den Vorgaben der Baugenehmigungsbehörde zu genügen. Für rund 14 Millionen Euro soll nun Siemens eine neue Steuerung programmieren, die die Brandschutztüren und die Zufuhr von Frischluft koordiniert. 92.000 Meter Kabel müssen dafür allein im Terminal neu verlegt und neue Fenster eingebaut werden. Ein Auftrag, um den man sich nicht gerade gerissen hat, denn der Imageschaden wäre enorm, wenn es wieder nicht gelingt, das Ungetüm ins Laufen zu bringen. Die Vorsicht der Siemens-Ingenieure lässt sich an den Vertragsbedingungen ablesen: 18 Monate soll es dauern, bis die Software geschrieben ist.

Auch eine Eröffnung in Etappen, wie Mehdorn sie anstrebt, ist kein Selbstläufer. So sollen zunächst bis zu zehn Flüge pro Tag vom Nordpier aus starten und laden, um die Abläufe zu testen. Der für die Genehmigung zuständige Landrat Stephan Loge hatte von einer Teileröffnung abgeraten und vor weiteren Verzögerungen für das Gesamtvorhaben gewarnt. Mehdorn-Widersacher Amann hatte den Plan gar als teure kosmetische Maßnahme gebrandmarkt, die die Abläufe auf der Baustelle durcheinanderbringe. Entschieden ist noch nichts - wenn es tatsächlich dazu kommt, wäre es frühestens im Herbst 2014 soweit.

Wowereit hält sich zu solchen Fragen bedeckt. Auch zu den vielen anderen Details des Tagesgeschäfts hat er sich inzwischen eine auffallende Zurückhaltung antrainiert. Der 60-Jährige weiß, dass nach den vielen spektakulären Entlassungen Mehdorn der letzte Trumpf ist, den er noch hat. Womöglich spekuliert er auch auf die einzige Genugtuung, die ihm noch bleibt, wenn der raubeinige Manager Erfolg hat. Wenn dereinst das rote Band in Schönefeld zerschnitten wird, steht Wowereit als derjenige da, der das Projekt doch noch hinbekommen hat.

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