Hilfsantrag Merkel setzt griechische Regierung unter Druck

Kanzlerin Angela Merkel: Voraussetzungen für Finanzhilfe noch nicht erfüllt
Foto: Tim Brakemeier/ picture-alliance/ dpaBerlin/Hamburg - Die Bundesregierung hat kräftigere Sparanstrengungen von Griechenland gefordert. Bevor die Europäische Union Kredite in Milliardenhöhe nach Athen überweise, müsse Griechenland ein "absolut glaubwürdiges Sparprogramm" mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der EU-Kommission vereinbart haben, sagte Kanzlerin Angela Merkel am Freitag in Berlin. "Ich habe heute mit dem griechischen Premierminister telefoniert, und er sagte, dass diese Gespräche noch einige Zeit dauern werden."
Ein Eingreifen sei an "ganz strenge Bedingungen geknüpft", sagte Merkel weiter. Ziel sei es, die Stabilität des Euro zu sichern. Zuvor hatte Papandreou die Euro-Partnerländer und den Internationalen Währungsfonds (IWF) offiziell gebeten, sein Land mit Finanzhilfen zu unterstützen. "Ich habe die entsprechende Anweisung an das Finanzministerium gegeben", sagte der Regierungschef in einer Fernsehansprache an das griechische Volk. "Es ist zwingend, dass wir um die Aktivierung des Rettungsmechanismus bitten."
Ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums betonte, dass die derzeitigen Spekulationen an den Finanzmärkten hinsichtlich der griechischen Zahlungsfähigkeit nichts mit Deutschland zu tun hätten. Sie deuteten vielmehr auf ein Vertrauensdefizit hin, weil Athen noch nicht hinreichend deutlich gemacht habe, wie es aus der prekären Situation herauskommen wolle.
Deutscher Steuerzahler zunächst nicht betroffen
Berlin sei aber "handlungsbereit", sollte der Antrag Griechenlands auf finanzielle Hilfe vom IWF und EU als berechtigt angesehen werden, sagte er weiter. Die schwarz-gelbe Koalition könne schnell reagieren, um die Hilfe in eine vom Parlament beschlossene Gesetzesvorlage zu gießen. Bereits Anfang nächster Woche will Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) mit Koalition und Opposition ein beschleunigtes Gesetzgebungsverfahren ausloten. In welcher Form dies geschehe, sei noch nicht entschieden. Allerdings bestehe noch kein akuter Finanzierungsbedarf, da die Finanzierung Griechenlands bis Mai stehe, sagte der Sprecher.
Die EU hatte sich Ende März auf ein Unterstützungspaket für Griechenland verständigt, das neben Hilfen des IWF auch die Möglichkeit von Krediten der Euro-Länder umfasst. In diesem Jahr soll sich Griechenland auf diese Weise bis zu 30 Milliarden Euro bei seinen Euro-Partnern leihen können; hinzu kämen Hilfen des IWF von bis zu 15 Milliarden Euro.
Sollte die EU Griechenland tatsächlich helfen, wären die deutschen Steuerzahler zunächst nicht betroffen, erklärte Merkel. Die deutsche Hilfe liefe über einen Kredit der staatseigenen KfW-Bankengruppe, der vom Bund verbürgt werden müsste. Wie hoch der Kredit ausfallen wird, sei noch nicht absehbar. "Die Verhandlungen laufen noch", sagte sie. Zuletzt war ein Betrag von etwas mehr als acht Milliarden Euro im Gespräch.
Anders als Deutschland sagten Spanien und Frankreich Griechenland am Freitag rasche Hilfe zu. Die Regierung werde die Gelder bereits nächsten Freitag bewilligen, sagte Spaniens Wirtschaftsministerin Elena Salgado am Freitag.
Griechenland rechnet daher schon in den kommenden Wochen mit den ersten Zahlungen. "Wir erwarten die ersten Gelder aus dem Rettungsmechanismus noch vor dem 19. Mai", sagte Finanzminister Giorgos Papakonstantinou am Freitag in Athen. An diesem Tag muss Griechenland Schulden in Höhe von 8,5 Milliarden Euro zurückzahlen.
Auch sonst hat Griechenland das Geld bitter nötig. Das Land hat einen Schuldenberg von mehr als 300 Milliarden Euro angehäuft. Die Regierung versucht daher seit Monaten, sich an den Märkten frisches Geld zu besorgen. Zudem ist sie gezwungen, radikal zu sparen.
SPD bezichtigt Merkel der Lüge
In Deutschland stieß das Krisenmanagement der Regierung auf Kritik: "Frau Merkel hat die Deutschen belogen und hinters Licht geführt", sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel der "Bild am Sonntag". Noch vor wenigen Wochen habe sie in Brüssel "die Eiserne Kanzlerin gespielt" und so getan, als ob sie die deutschen Steuerzahler schützen wolle. "Angela Merkel wusste in Wahrheit schon damals, dass Deutschland gar nicht anders kann, als Griechenland zu helfen und so den Euro-Raum zu stabilisieren", sagte Gabriel.
Bundesbank-Direktor Axel Weber hat unterdessen vor einer Ausweitung der griechischen Schuldenkrise auf andere Länder der EU gewarnt. "Das Risiko einer Ansteckung hat in den letzten Wochen zugenommen", sagte Weber am Freitag vor dem G-20-Finanzministertreffen in Washington. Die "frühzeitige Krisenintervention" des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Euro-Gruppe sei ratsam, um "Überschwappeffekte" auf andere finanzschwache Euro-Länder zu verhindern. "Viele Länder verletzen den Stabilitätspakt und haben exzessive Haushaltsdefizite", kritisierte Weber.
An den Märkten wurde der Hilferuf Athens am Freitag mit Erleichterung aufgenommen. Der Leitindex Dax baute seine Gewinne am Nachmittag aus. Auch die Risikoaufschläge, die Investoren beim Kauf griechischer Anleihen verlangen, gingen zunächst zurück, stiegen im Laufe des Tages aber wieder an.