Höherer Diskontsatz Fed wagt die Zinswende

Gebäude der Federal Reseve in Washington D.C.: "Leitzins bleibt auf niedrigem Niveau"
Foto: HYUNGWON KANG/ REUTERSFrankfurt am Main - Die US-Notenbank Fed hat für Turbulenzen an den Finanzmärkten gesorgt: Sie hat den Diskontsatz überraschend von 0,5 Prozent auf 0,75 Prozent angehoben. Der Euro sank daraufhin zeitweise auf 1,34 Dollar, den tiefsten Stand seit Mai 2009; auch die Aktienkurse gingen zunächst auf Talfahrt.
Die Börsen-Turbulenzen kommen nicht von ungefähr. Für die Banken-Welt bedeutet der kleine Dreh an der Zinsschraube eine signifikante Wende: Zum Diskontsatz leihen sich die Geschäftsbanken bei der Fed kurzfristig Geld. Diese Blitz-Kredite werden nun teurer. Hinzu kommt, dass die Fed-Entscheidung große Signalwirkung hat: Nach Ansicht von Ökonomen ist sie das erste konkrete Anzeichen dafür, dass die mächtigste Notenbank der Welt das Ende ihrer Nierigzinspolitik vorbereitet.
"Es ist ein vorsichtiges Signal, dass die Flutung der Kapitalmärkte mit billigem Geld beendet wird", sagt Wolfgang Gerke, Chef des Bayerischen Finanzzentrums, im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE. Ein Analyst der Commerzbank äußerte sich ähnlich: "Die Maßnahme selbst war von der Fed schon angekündigt worden", sagte er. Doch das Timing überrasche. "Es kommt auf den symbolischen Wert der Maßnahme an."
Eine wirkliche Wende bedeutet die Zinsanhebung nach Ansicht der Experten indes nicht - und auch nicht aus Sicht der Börsianer, weswegen die Aktienmärkte im späteren Verlauf wieder freundlicher tendierten. Denn für eine wirkliche Wende müsste erst der Leitzinssatz angehoben werden - der fundamentale Satz, zu dem sich Banken untereinander Geld leihen. Und dessen Anhebung erwarten die meisten Ökonomen auf absehbare Zeit noch nicht. "Die Entscheidung ist noch nicht als ein Schritt zu einer restriktiveren Geldpolitik zu werten", sagte Commerzbank-Volkswirt Bernd Weidensteiner. Die Konjunktur sei noch nicht ausreichend gefestigt.
Leitzinsanhebung erst in einigen Monaten
Die Schätzungen darüber, wann die Fed den Leitzins anhebt, gehen deutlich auseinander. Weidensteiner erwartet weitere Anhebungen des Diskontsatzes und erst zum Jahresende "eine richtige Leitzinserhöhung". Volkswirte von der UniCredit gehen von einer Anhebung des Leitzinses frühestens im September aus. Am Markt wird erst zum Jahresende oder Anfang 2011 mit einer ersten Leitzinserhöhung gerechnet.
Dass die Notenbank den Leitzinssatz allerdings bald anheben muss - darüber sind sich die Ökonomen einig. Die Fed riskiere sonst, dass eine neue Geldblase entstehe, sagt Kapitalmarktexperte Gerke - dass sich Spekulanten also mit billigem Geld versorgen, damit einen bestimmten Markt fluten und auf diesem eine Überbewertung der Preise verursachen. "Den Fehler hat die Fed schon einmal gemacht als die Immobilienblase entstanden ist", sagt Gerke.
Die Fed selbst hält sich über ihre weitere Strategie ohnehin bedeckt. Sie teilte am Freitag lediglich mit, der Leitzins bleibe für einen "ausgedehnten Zeitraum" noch auf einem "außergewöhnlich niedrigen Niveau". Generelle Bereitschaft für eine Zinsanhebung hatte US-Notenbankchef Ben Bernanke bereits am 10. Februar signalisiert.
Die Notenbank erklärte ihren aktuellen Zinsschritt denn auch mit der "kontinuierlichen Verbesserung des Zustands des Finanzmarkts". Vor der Krise lag der Diskontsatz noch einen Prozentpunkt über dem Leitzins. Die Differenz zwischen dem Diskontsatz und dem aktuellen Leitzins, der zurzeit zwischen 0 und 0,25 Prozent liegt, ist immer noch sehr niedrig.