Hohe Energiepreise Britischer Versorger empfiehlt Hampelmann-Springen gegen Kälte

Ein großer britischer Energieversorger hat als Stromspartipps Hampelmann-Springen und Kuscheln mit Tieren empfohlen – und erntete prompt Empörung. Vielen Haushalten drohen ernste Finanzprobleme.
Häuser in London: Sorge vor hohen Energiekosten

Häuser in London: Sorge vor hohen Energiekosten

Foto: Leon Neal / Getty Images

Europaweit machen Verbraucherinnen und Verbrauchern hohe Energiekosten zu schaffen. Tipps zum Sparen sind also gefragt. Doch der drittgrößte Energieversorger Großbritanniens hat nun mit seinen speziellen Ratschlägen für Empörung gesorgt.

In einer Liste mit zehn »einfachen und kosteneffektiven Wegen, diesen Winter warm zu bleiben« hatte das Unternehmen Ovo Energy seinen Kunden in einer Mail unter anderem geraten, mit ihren Haustieren zu kuscheln oder Hampelmänner zu machen, wie die »Financial Times« berichtete .

Der Labour-Abgeordnete Darren Jones, der zugleich Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses ist, sagte: »Die Aufforderung, einen Pullover anzuziehen, anstatt die Heizung aufzudrehen, wenn man es sich nicht leisten kann, ist in einer Zeit, in der so viele Familien in Schwierigkeiten sind, schlichtweg beleidigend.«

Millionen britischen Haushalten drohen in diesem Jahr um bis zu 50 Prozent höhere Energiekosten. Grund ist vor allem die weltweit hohe Gasnachfrage. Laut »FT« werden Millionen Energierechnungen im April voraussichtlich um 700 Pfund auf 2000 Pfund pro Jahr und Haushalt steigen, wenn die britische Energiepreisobergrenze angepasst wird. Diese Obergrenze, die die Rechnungen von mehr als 15 Millionen Haushalten bestimmt, wurde im Oktober von der Energieaufsichtsbehörde Ofgem um 12 Prozent angehoben.

Ovo Energy entschuldigte sich bei seinen etwa fünf Millionen Kunden für die Mail. Diese wurde an Kunden von SSE Energy Services geschickt, einem britischen Strom- und Gasunternehmen, das 2020 von Ovo übernommen wurde.

Warnung vor »Energiearmut«

Theresa Villiers, eine ehemalige Tory-Kabinettsministerin, sagte, die Tipps seien wahrscheinlich gut gemeint, aber dennoch »ziemlich unsensibel«. »Viele Menschen sind sehr besorgt über die steigenden Energierechnungen und werden es nicht gut aufnehmen, wenn man ihnen sagt, sie sollen ein paar Hampelmänner machen«, fügte sie hinzu.

Sozialverbände warnen, dass der Anstieg der Energiepreise Millionen von Haushalten in die »Energiearmut« stürzen und die sich abzeichnende Lebenshaltungskostenkrise noch verschärfen könnte.

Verbraucherschützer und die Opposition fordern als Gegenmaßnahmen für hohe Energiepreise unter anderem, die Mehrwertsteuer auf Strom- und Gasrechnungen vorübergehend zu streichen. Diesen Schritt hatte Boris Johnson noch vor dem Brexitreferendum als Folge des EU-Austritts angekündigt. Als Premierminister zeigt sich Johnson deutlich zurückhaltender, zumal er Steuereinnahmen braucht, um die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie abzufedern.

Auch Hula-Hoop wurde als Tipp präsentiert

In der Mail des Stromanbieters, aus der die »FT« zitierte, wurde neben den Hampelmann-Sprüngen auch geraten, mit geliebten Menschen zu kuscheln, »in Bewegung zu kommen«, indem man »die Kinder zu einem Hula-Hoop-Wettbewerb herausfordert« oder das Haus putzt.

Clive Lewis, Abgeordneter der Labour-Partei für Norwich South, bezeichnete die Empfehlungen als »clownesk« und »deprimierend«. »Es ist lächerlich und beleidigend, aber angesichts des Fehlens einer Energiestrategie dieser Regierung ist das fast zu erwarten«, sagte er. Die Tipps richteten sich an Menschen, die zwischen Essen und Heizen wählen müssen. »Wenn das der Zustand des Landes ist, in dem wir uns jetzt befinden, finde ich das ziemlich deprimierend«.

Der Energieversorger Ovo gab sich zerknirscht: »Wir verstehen, wie schwierig die Situation für viele unserer Kunden in diesem Jahr sein wird. Wir arbeiten hart daran, sinnvolle Lösungen für diese Energiekrise zu finden, und wir erkennen an, dass der Inhalt dieses Blogs schlecht beurteilt wurde und nicht hilfreich war«, teilte das Unternehmen mit. »Es ist uns peinlich, und wir entschuldigen uns aufrichtig.«

Angela Merkel gab auch schon mal Tipps zum Aufwärmen

Auch die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel musste schon erfahren, dass man in Krisensituationen mit Ertüchtigungsaufforderungen zurückhaltend sein sollte.

Als es im Dezember 2020 angesichts der Coronapandemie darum ging, wie Schulen offen gehalten werden können, hatte die damalige Regierungschefin Tipps parat, wie sich Schülerinnen und Schüler auch in gut durchlüfteten Klassenzimmern warmhalten können. »Vielleicht macht man auch mal eine kleine Kniebeuge oder klatscht in die Hände«, sagte Merkel damals in einem Radiointerview.

mmq/dpa
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Mehrfachnutzung erkannt
Bitte beachten Sie: Die zeitgleiche Nutzung von SPIEGEL+-Inhalten ist auf ein Gerät beschränkt. Wir behalten uns vor, die Mehrfachnutzung zukünftig technisch zu unterbinden.
Sie möchten SPIEGEL+ auf mehreren Geräten zeitgleich nutzen? Zu unseren Angeboten