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Steuern in Frankreich: Reiche verlassen das Land

Foto: Pascal Le Segretain/ Getty Images

Hollandes Reichensteuer Unternehmer fliehen aus Frankreich

Das französische Verfassungsgericht hat die neue Reichensteuer vorerst gestoppt, doch viele Wohlhabende sind schon weg. Sie fliehen nach Großbritannien oder Belgien - wegen der Finanzpolitik von Präsident Hollande, aber auch wegen der unternehmerfeindlichen Stimmung in Frankreich.

Paris - Frankreich debattiert über höhere Steuern für Reiche - und die ziehen Konsequenzen. Laut "Financial Times" planen derzeit mehrere hochrangige Manager von Beteiligungsgesellschaften, ihren Wohnsitz von Paris nach London zu verlegen. Einer von ihnen ist Jean-Baptiste Wautier, der das Pariser Büro von BC Partners leitet, einem der größten europäischen Private-Equity-Fonds. Unter Berufung auf Branchenkreise berichtet die "Financial Times", dass die geplanten Steuererhöhungen und die unternehmerfeindliche Stimmung in Frankreich zu Wautiers Entschluss beigetragen hätten. Wautier werde seinen alten Job behalten und in Zukunft wöchentlich zwischen London und Paris pendeln.

Mit dem Schritt nach London würde Wautier zwei anderen Größen der französischen Private-Equity-Szene folgen, die beide 2012 ins britische Finanzzentrum umgezogen sind: Bertrand Meunier von CVC Capital Partners und Bruno Ladrière von Axa Private Equity. Im Falle Ladrières soll zwar nicht die Furcht vor höheren Steuern ausschlaggebend gewesen sein für den Umzug, sondern die Nähe zur Londoner Bankenszene. Aber dafür hat Ladrières oberster Chef bereits hinreichend deutlich gemacht, was er von Hollandes Politik hält. Die sei ein "Desaster", sagte Henri des Castries, Vorstandschef des französischen Versicherungskonzerns Axa.

Präsident François Hollande will den Spitzensteuersatz auf 75 Prozent hochschrauben. Franzosen, die mehr als eine Million Euro im Jahr verdienen, sollen ab 2013 drei Viertel ihres Einkommens an die Staatskasse abtreten. Das französische Verfassungsgericht hat diese Reichensteuer zwar vorerst gekippt. Doch ein anderes Detail von Hollandes Steuerplänen wird speziell die Manager der Beteiligungsgesellschaften treffen: Die Steuern auf Kapitalerträge sollen von gut 30 auf bis zu 60 Prozent steigen.

"Wir arbeiten 24 Stunden am Tag"

Beteiligungs- oder Private-Equity-Gesellschaften nutzen das Geld von Investoren, um sich in andere Unternehmen einzukaufen und diese Beteiligungen nach einigen Jahren wieder zu verkaufen. An den Gewinnen, die dabei anfallen, werden die Manager der Private-Equity-Fonds beteiligt. Die höheren Steuern auf Kapitalerträge würden sich daher direkt auf ihr Einkommen auswirken.

Besonders getroffen wären auch junge Gründer, die für das Wachstum ihrer Unternehmen auf Beteiligungskapital angewiesen sind. Einige der Jungunternehmer haben sich im Herbst in der Bewegung "les Pigeons" (zu Deutsch: "die Tauben") zusammengeschlossen - was im übertragenen Sinne auch "die Ausgebeuteten" bedeuten kann. "Wir haben nichts gemein mit den großen Unternehmern und ihren Spitzeneinkommen", sagte Pigeons-Mitbegründer Jeremy Benmoussa im Oktober der "Financial Times". "Wir arbeiten 24 Stunden am Tag und wir brauchen Hilfe." Mit den neuen Steuerregeln werde es für junge Gründer sehr schwierig, an Kapital zu kommen.

Neben den Steuererhöhungen trägt auch eine generelle Unzufriedenheit mit der französischen Wirtschaftspolitik dazu bei, dass Unternehmer Frankreich den Rücken kehren. So zum Beispiel im Fall von Jean-Gil Boitouzet. Der Gründer der Finanz-Website Bourse Direct hat in der "Financial Times" angekündigt, er werde sein neues Unternehmen in Belgiens Hauptstadt Brüssel gründen: "Frankreich ist ein Land, in dem es kein Wachstum gibt, die Arbeitskosten sehr hoch sind und wo Unternehmer, sobald sie Erfolg haben, beschuldigt werden ihre Mitarbeiter auszubeuten." Auch Yves Bontaz vom gleichnamigen Automobilzulieferer Bontaz hat gegenüber der französischen Zeitschrift "Challenge" gesagt, er werde wegen der Steuerpläne "seine Koffer packen". Er folgt damit dem Schauspieler Gérard Depardieu, der seinen Erstwohnsitz künftig im belgischen Grenzkaff Néchin haben wird.

"Hau ab, reicher Idiot"

Die beiden prominentesten Wirtschafts-Auswanderer hingegen bestreiten hartnäckig, dass ihr Exodus aus Frankreich etwas mit Steuervermeidung zu tun habe. Alain Afflelou, mit seiner Optikerkette so etwas wie der Günther Fielmann von Frankreich, will nach London ziehen, aber weiterhin in Frankreich Steuern zahlen. Bernard Arnault, Chef des Luxuskonglomerats LVMH (Louis Vuitton, Christian Dior) und reichster Mann Frankreichs, möchte zwar zusätzlich die belgische Staatsbürgerschaft beantragen, aber ebenfalls in Frankreich steuerpflichtig bleiben.

Dieses Bekenntnis trug allerdings nicht dazu bei, in Frankreichs Öffentlichkeit Verständnis für den Luxus-Emigranten zu wecken. "Hau ab, reicher Idiot", rief die Tageszeitung "Libération" Arnault hinterher.

ric
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