Wirtschaftskrise Hunderttausende Griechen melden ihre Autos ab

Die Wirtschaftskrise zwingt Griechenlands Bürger zu immer neuen Sparmaßnahmen. Kurz vor Jahresende melden sie massenhaft ihre Pkw ab, weil sie die Kfz-Steuer nicht mehr zahlen können. Mehr als ein Drittel der Bevölkerung verdient sich mit Schwarzarbeit Geld dazu.
Ausrangierte griechische Nummernschilder: Schluss mit Autofahren

Ausrangierte griechische Nummernschilder: Schluss mit Autofahren

Foto: Orestis Panagiotou/ dpa

Athen - Die Wirtschaftskrise frisst sich immer tiefer in die griechische Gesellschaft: Vor den Steuerämtern des Landes bildeten sich am Freitag lange Warteschlangen. Viele Menschen gaben die Nummernschilder ihrer Autos ab, damit sie 2013 keine Verkehrssteuern mehr zahlen müssen.

Nach Angaben des Verkehrsministeriums haben allein im Dezember 70.000 Autobesitzer ihre Wagen aus dem Verkehr gezogen, 15 Prozent mehr als im Vorjahresmonat. Bis zum Freitag hatten dem Ministerium zufolge überhaupt nur 60 Prozent der Autobesitzer ihre Kfz-Steuern gezahlt.

"Vorläufig machen wir in unserer Familie Schluss mit Autofahren", sagte eine 40-jährige Frau im griechischen Fernsehen. "Wir können die 265-Euro-Verkehrssteuer nicht zahlen." Schon 2011 waren in Griechenland insgesamt rund 250.000 Autos abgemeldet worden.

Wegen der harten Sparmaßnahmen der Regierung ist das Einkommen der Griechen nach Schätzungen der Gewerkschaften seit 2009 um fast 30 Prozent gefallen. Gleichzeitig sind die Abgaben gestiegen: Besitzer von 15 Jahre alten Kleinwagen müssen inzwischen jährlich 120 Euro Kfz-Steuer zahlen, für Luxusautos würden sogar bis zu 1320 Euro fällig, berichtete der staatliche Rundfunk.

Schwarzarbeit nimmt zu

Zuletzt erhöhte die griechische Regierung auch die Steuern auf Heizöl massiv. Viele Menschen stiegen deshalb auf Brennholz um. Der Qualm wird zur Gefahr für die Stadtbewohner. Behörden und Mediziner warnen bereits vor der hohen Feinstaubbelastung durch den Rauch.

Gleichzeitig nimmt die Schwarzarbeit drastisch zu. 35 Prozent der Menschen verdienen sich inzwischen am Fiskus vorbei etwas dazu, teilte die zuständige Kontrollbehörde (SEPE) am Freitag mit. 2011 waren es 29 Prozent, 2010 etwa 25 Prozent. Zum Vergleich: In Deutschland wird der Anteil der erwerbsfähigen Bevölkerung, die illegal am Finanzamt vorbei arbeitet, auf zehn Prozent geschätzt.

Vergleichsweise gute Nachrichten kommen aus zwei anderen Krisenländern der Euro-Zone: In Portugal kommt die Regierung mit einigen Sparmaßnahmen schneller voran als geplant. Die Privatisierung von Staatsbetrieben spielte schon gut eine Milliarde Euro mehr ein als im Sparpaket vorgesehen. Das Haushaltsdefizit lag jedoch in den ersten neun Monaten des Jahres mit 5,6 Prozent noch immer über der Zielmarke für das laufende Jahr. Diese wurde bei fünf Prozent angesetzt.

Italien muss nach dem angekündigten Rücktritt von Ministerpräsident Mario Monti nur leicht höhere Zinsen für frisches Geld bezahlen. Bei der letzten Auktion einer zehnjährigen Anleihe in diesem Jahr stieg der Durchschnittszins auf 4,48 Prozent, nachdem er vor einem Monat bei 4,45 Prozent gelegen hatte. Analysten waren dennoch zufrieden - sie hatten mit weit höheren Zinsen gerechnet.

ssu/dpa
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