Wichtiges Wirtschaftsbarometer Ifo-Index bildet bald Selbstständige ab

Ifo-Umfragechef Klaus Wohlrabe, Jimdo-Gründer Matthias Henze
Foto:Jimdo
Das Ifo-Institut will nach Informationen des SPIEGEL in Kürze auch Selbstständige und Kleinstunternehmen für seinen monatlich erscheinenden Geschäftsklimaindex befragen. Interessierte Betriebe können sich auf einer Website des Ifo-Instituts registrieren und werden dann ab November im Index berücksichtigt.
»Wir sehen es als unsere Aufgabe, dass Medien das aktuelle ökonomische und politische Geschehen verstehen und einordnen können«, sagt Klaus Wohlrabe, Leiter der Umfragen beim Ifo-Institut. »Hierbei darf die Gruppe an Selbstständigen und Kleinstunternehmern nicht länger außen vorstehen.«
Als Kleinstunternehmen gelten Firmen mit weniger als zehn Mitarbeitenden. Die Angaben der kleinen Betriebe werden im Ifo-Geschäftsklimaindex anteilig gewichtet. Dabei spielt einerseits ihr Umsatz eine Rolle und andererseits die Branche, in der sie tätig sind. So hat die Automobilindustrie einen weit höheren Anteil an der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung als etwa die Textilindustrie – und hat entsprechend auch im Index mehr Gewicht.
Die Zahl der Selbstständigen, die an der Umfrage teilnehmen, ist nicht begrenzt. Das Ifo-Institut hofft auf eine rege Teilnahme, damit es in seinen Berichten künftig auch detaillierte Angaben zum Geschäftsklima bei Soloselbständigen und Kleinstunternehmen machen kann.
Ifo-Institut wollte Konkurrenz vermeiden
Das Umdenken beim Ifo-Institut geht auf eine Aktion des Unternehmens Jimdo zurück. Es betreibt Baukasten-Websites und hat selbst viele Selbstständige und Kleinstunternehmen als Kunden.
Während der Coronakrise hatte Jimdo einige Umfragen unter Kleinstbetrieben durchgeführt und dabei festgestellt , dass diese ihr Geschäftsklima teils ganz anders einschätzten als die vom Ifo-Institut befragten größeren Firmen. Während der Ifo-Index zum Beispiel im April 2021 schon wieder deutlich stieg, befand sich der »Jimdo-Index« der Kleinstfirmen deutlich im Minus.
Das Ifo-Institut entdeckte den Index und bot Jimdo an, die Kleinstbetriebe künftig selbst in seinem Geschäftsklimaindex abzubilden. Dem Institut ging es also letztlich auch darum, kein Konkurrenzprodukt entstehen zu lassen.
Bei Jimdo freut man sich über die Entwicklung. »Die Interessen und Bedürfnisse von Selbstständigen und Kleinstunternehmen werden erstmals überhaupt sichtbar«, sagt Firmenchef Matthias Henze. Kleine Unternehmen würden in der politischen und gesellschaftlichen Diskussion nun hoffentlich mehr berücksichtigt.
500 Milliarden Euro Jahresumsatz
80 Prozent aller Unternehmen in Deutschland sind Kleinstunternehmen. Die rund 2,1 Millionen Betriebe beschäftigen insgesamt gut 5,7 Millionen Menschen. In der politischen Diskussion fühlen sich Selbstständige und Kleinstunternehmen dennoch regelmäßig benachteiligt. Während der Coronapandemie hatten viele dieser Betriebe moniert , vom Staat nicht schnell und umfassend genug Unterstützung erhalten zu haben.
Das Ifo-Geschäftsklima ist ein viel beachteter Indikator für die konjunkturelle Entwicklung in Deutschland. Das Barometer wird monatlich veröffentlicht und basiert bislang auf den Angaben von rund 9000 mittelständischen und großen Unternehmen, deren wirtschaftliches Gewicht als maßgeblich für die gesamtwirtschaftliche konjunkturelle Entwicklung gesehen wird.
Deutschland Kleinstunternehmen setzen rund 500 Milliarden Euro pro Jahr um und tragen somit ebenfalls ihren Teil zur konjunkturellen Wertschöpfung bei. »Selbstständige und kleine Unternehmen sind zudem immens wichtig für eine bessere Wirtschaft von morgen«, sagt Henze. »Sie nicht zu verstehen, wie teilweise während der Coronapandemie, dürfen wir uns nicht noch einmal leisten.«