Hilfe in Krisenzeiten Ifo-Institut plädiert für europäischen Arbeitslosen-Fonds

Steigt in einem Land die Arbeitslosigkeit, setzt das häufig eine negative Kettenreaktion in Gang. Ein gemeinsamer EU-Fonds könnte das verhindern, geht aus einer neuen Studie hervor. Auch Deutschland würde profitieren.
Arbeitslose in Spanien (Archiv)

Arbeitslose in Spanien (Archiv)

Foto: Fernando Villar/ picture alliance / dpa

Ein gemeinsamer Finanztopf der Euroländer - eine Art Arbeitslosen-Rückversicherung - könnte die Eurozone einer Studie zufolge in Krisenzeiten stabilisieren helfen. Erhalte ein Mitglied bei stark gestiegener Arbeitslosenquote über einen solchen EU-Fonds kurzfristig Hilfszahlungen, stütze das die nationale Arbeitslosenversicherung und wirke zugleich einem Dominoeffekt zu Lasten anderer Staaten entgegen. Zu dem Ergebnis kommt eine am Dienstag veröffentlichte Analyse des Münchner Ifo-Instituts im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung.

Die Untersuchung stützt sich auf Daten der Jahre 2000 bis 2016. In diesem Zeitraum hätte ein solcher EU-Fonds ein Viertel der Einkommensverluste in der Eurozone, die durch Arbeitslosigkeit entstanden waren, auffangen können. "Das Instrument einer europäischen Arbeitslosen-Rückversicherung könnte den Euroraum in schweren Krisen deutlich besser stabilisieren als nationale Schutzmechanismen", schreiben die Autoren.

Die einzelnen Länder müssten in Zeiten sinkender Arbeitslosigkeit nach dem Ifo-Modell in den Topf einzahlen, in Krisen erhielten sie Mittel. Dabei solle es allerdings keine dauerhaften Transfers von wirtschaftlich starken Länder an die schwächeren geben. Das Modell sieht keine einheitliche Arbeitslosenversicherung vor, sondern die Bildung einer gemeinsamen Rücklage.

Ziel sei nicht, Unterschiede bei der Höhe des Arbeitslosengeldes unter den 19 Euroländern zu nivellieren, sondern konjunkturelle Einbrüche abzufedern. Davon hätte in der Vergangenheit auch Deutschland profitieren können: Der Analyse zufolge wären 2003 wegen eines Anstiegs der Arbeitslosigkeit 2,5 Milliarden Euro aus dem Fonds nach Deutschland geschlossen, haben die Forscher errechnet.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte im Oktober Eckpunkte für einen europäischen Arbeitslosenfonds vorgeschlagen, war aber auf breite Ablehnung gestoßen. Nach seinen Vorstellungen könnten sich die nationalen Arbeitslosenversicherungen in schweren Krisen beim Fonds Geld leihen, um keine Leistungen kürzen zu müssen.

beb/dpa
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