Kalkuliert der Bund zu großzügig? Corona-Hilfen laut Studie rund zehn Milliarden Euro zu hoch

Die Novemberhilfen übertreffen bei manchen Betrieben die Einnahmen aus dem Regelbetrieb, sagt das Institut der deutschen Wirtschaft. Minister Altmaier verteidigt das Vorgehen dennoch.
Ein Bonner Restaurant im Corona-Shutdown

Ein Bonner Restaurant im Corona-Shutdown

Foto: Ute Grabowsky/photothek.net / imago images/photothek

Die November- und Dezemberhilfen des Bundes werden Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln zufolge um zehn Milliarden höher ausfallen als notwendig. Sofern die Hilfen unverändert fortbestehen, erhalten manche von dem Teil-Lockdown betroffenen Betriebe nun mehr Geld als im Regelbetrieb, sagte IW-Steuerökonom Tobias Hentze.

Das gelte aber keinesfalls für alle Unternehmen. »Es gibt natürlich auch Bereiche, die haben hohe Fixkosten – zum Beispiel Kinobetreiber.« Insgesamt habe die Bundesregierung eher großzügig als knapp kalkuliert. Zuvor hatte die »Welt am Sonntag« berichtet.

Firmen, die vom Teil-Lockdown betroffen sind, unterstützt der Bund mit den sogenannten November- und Dezemberhilfen – insgesamt sind dafür derzeit rund 30 Milliarden Euro veranschlagt.

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Es gibt Unternehmer, die mit der Nothilfe Kasse machen

Hentze zufolge hätte in der Summe ein Drittel – also zehn Milliarden Euro – weniger gereicht. Der Hauptpunkt dabei seien die variablen Kosten, die für viele Betriebe nun nicht anfallen. »Die müssten eigentlich nicht erstattet werden«, so Hentze. Tatsächlich gibt es Unternehmer, die mit der Nothilfe Kasse machen, wie auch der SPIEGEL berichtete .

Im Gegensatz dazu stünden fixe Kosten wie etwa Pacht und Miete, die Unternehmen auch aufbringen müssten, wenn sie geschlossen sind. »Grundsätzlich würde ich sagen, wäre eine Orientierung an den Fixkosten sinnvoll gewesen«, sagte Hentze. Dies jedoch sei ein deutlich größerer Aufwand. Die Bundesregierung habe sich für eine schnelle, nicht aufwendige Lösung entschieden, mit der kein Unternehmen in der Existenz bedroht werde.

Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sagte der »Welt am Sonntag«: »Natürlich ist die Orientierung am Umsatz nicht hundertprozentig gerecht, aber kein Kriterium kann für absolute Gerechtigkeit in jedem Einzelfall sorgen.« Weiterhin deutete er an, dass die betroffenen Branchen über den Dezember hinaus nicht mit dieser Art von Hilfen rechnen können.

Deutliche Kritik kommt von der Opposition. »Wir brauchen Corona-Hilfen, die auch langfristig gerecht funktionieren und bei denen verantwortlich mit Steuergeldern umgegangen wird«, sagte Claudia Müller, Mittelstandsbeauftragte der Grünenfraktion im Bundestag. Es könne nicht sein, dass bei einigen viel zu viel und bei anderen, wie zum Beispiel Soloselbstständigen oder dem Einzelhandel, viel zu wenig ankomme.

caw/dpa-AFX
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