Irans Atomprogramm Washington droht, Teheran trotzt

Die Europäer bemühen sich um die Rettung des Atomabkommens mit Iran, die Regierung in Washington setzt erneut auf scharfe Rhetorik. Die US-Sanktionen haben offenbar auch deutliche Auswirkungen auf den deutschen Export.
Iranische Flaggen bei Teheran: "Wir wollen weiter auf die diplomatische Lösung setzen"

Iranische Flaggen bei Teheran: "Wir wollen weiter auf die diplomatische Lösung setzen"

Foto: Iranian Presidency Office/ AP

Der Handel zwischen Deutschland und Iran ist einem Medienbericht zufolge zu Jahresbeginn stark eingebrochen. Die Exporte Deutschlands in die Islamische Republik seien im Januar und Februar 2019 auf rund 233 Millionen Euro geschrumpft, berichteten die Zeitungen der Funke Mediengruppe. Sie beriefen sich dabei auf Berechnungen des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK).

Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum bedeute dies ein Minus von 52,6 Prozent. Die Importe von Iran sanken demnach parallel um 42,2 Prozent auf rund 41 Millionen Euro.

Die Geschäftsführerin der Deutsch-Iranischen Industrie- und Handelskammer (AHK), Dagmar von Bohnstein, führte diese Entwicklung unter anderem auf das harte Vorgehen der USA gegenüber Iran zurück. "Der Markt in Iran ist wegen der US-Sanktionen und der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Land extrem schwierig", sagte sie den Funke-Zeitungen.

Die US-Regierung fährt seit Längerem einen harten Kurs gegenüber der Führung in Teheran. Die USA hatten sich im vergangenen Jahr im Alleingang aus dem internationalen Atomabkommen mit Iran zurückgezogen. In den vergangenen Tagen hatte der Streit zwischen beiden Ländern noch einmal an Schärfe zugenommen:

  • Am vergangenen Sonntag kündigte die Regierung in Washington an, den Flugzeugträger "USS Abraham Lincoln" und eine Bomberstaffel Richtung Iran zu schicken.
  • Am Mittwoch kündigte Iran an, einige der Auflagen aus dem Atomabkommen nicht mehr einzuhalten, und stellte den verbliebenen Vertragspartnern ein Ultimatum: Demnach behält sich Teheran weitere Schritte vor, sollten die Unterzeichner nicht binnen 60 Tagen ihre Zusagen einhalten. Die USA verhängten daraufhin neue Sanktionen, die sich gegen den iranischen Bergbau- und Stahlsektor richten.
  • Am Donnerstag nun warnte US-Außenminister Mike Pompeo Iran erneut vor einem Angriff. "Das Regime in Teheran sollte verstehen, dass Angriffe von ihm oder seiner Stellvertreter jeglicher Identität gegen US-Interessen oder US-Bürger mit einer schnellen und entschlossenen US-Reaktion beantwortet werden", hieß es in einer Mitteilung Pompeos. "Unsere Zurückhaltung bis jetzt sollte von Iran nicht mit einem Mangel an Entschlossenheit verwechselt werden."

Die US-Regierung spricht seit Tagen von iranischen Bedrohungen, ohne diese konkret zu benennen. Präsident Donald Trump sagte auf die Frage, ob er eine militärische Konfrontation riskieren würde: "Ich möchte nicht nein sagen. Aber hoffentlich wird das nicht geschehen." Er forderte die Führung in Teheran zu Gesprächen auf. "Was sie tun sollten, ist, mich anzurufen, sich hinzusetzen. Wir können einen Deal machen, einen fairen Deal. Wir wollen nur nicht, dass sie Atomwaffen haben."

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Gemeinsam mit der EU wiesen Deutschland, Frankreich und Großbritannien unterdessen das iranische Ultimatum zum Atomabkommen als nicht akzeptabel zurück. "Wir fordern Iran nachdrücklich auf, weiterhin vollständig seinen Verpflichtungen ... nachzukommen und von Eskalationsschritten Abstand zu nehmen", heißt es in einer am Donnerstag von den Außenministern und der EU-Außenbeauftragten veröffentlichten Erklärung.

Die europäische Seite sei entschlossen, den legitimen Handel mit Iran aufrechtzuerhalten, um das Abkommen zu erhalten. Jegliche Ultimaten weise man aber zurück.

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Iran kritisierte die Reaktion der EU-Staaten. "Anstatt von Iran zu erwarten, sich einseitig an ein internationales Abkommen zu halten, sollte die EU selbst ihren Verpflichtungen aus dem Abkommen nachkommen", schrieb Außenminister Mohamed Dschawad Sarif am Donnerstag auf Twitter. Die USA hätten die EU mit ihrem Ausstieg aus dem Abkommen ein Jahr lang tyrannisiert, aber die EU habe nichts anderes unternommen, als ihr Bedauern auszudrücken. Diese Haltung der EU zeige, warum die Vereinbarung kurz vor dem Ende stehe.

Bundeskanzlerin Angela Merkel appellierte an die Regierung in Teheran, auch die eigenen Chancen des Abkommens zu sehen, und betonte die Gesprächsbereitschaft der deutschen Regierung. "Unsere Hand bleibt an dieser Stelle jedenfalls ausgestreckt", sagte sie am Rande des EU-Gipfels im rumänischen Sibiu. "Wir wollen weiter auf die diplomatische Lösung setzen."

aar/dpa/AFP
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