EU-Kommissar zu Italiens Regierung "Ich bin nicht der Weihnachtsmann"
Italien droht für sein Defizit eine Milliardenstrafe. Doch die Regierung in Rom weigert sich zu sparen. EU-Kommissar Moscovici wirft ihr "Lässigkeit und schrille Ironie" vor.
Im Streit über das italienische Staatsdefizit warnt die EU-Kommission vor falschen Erwartungen. "Ich habe mir nicht den roten Anzug oder den weißen Bart angezogen, und ich bin nicht der Weihnachtsmann", sagte EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici dem "Corriere della Sera".
"Ich bin der Kommissar für Wirtschaftsangelegenheiten und ich denke, dass man diese Fragen mit gegenseitigem Respekt, mit Ernst und Würde behandeln sollte. Nicht mit Lässigkeit und einer schrillen Ironie."
Der Franzose Moscovici reagierte damit auf eine Aussage von Italiens Vizepremierminister Matteo Salvini. Dieser hatte nach der endgültigen Zurückweisung des italienischen Haushaltsentwurfs durch die EU-Kommission gesagt, er warte auch auf einen Brief des Weihnachtsmanns.
Brüssels harter Kurs birgt zwar auch Risiken. Doch neben Moscovici stellte auch Kommissions-Vizepräsident Valdis Dombrovskis klar: Auf Basis des eingereichten Haushalts sei die Einleitung eines Defizitverfahrens gegen Italien unabwendbar.
Für Italien steht damit eine Strafe von bis zu 3,4 Milliarden Euro im Raum. Um den Konflikt zu entschärfen, trifft sich EU-Kommmissionschef Jean-Claude Juncker am Samstag mit dem italienischen Ministerpräsidenten Giuseppe Conte in Brüssel.
Steigende Zinsen werden zum Problem
Tatsächlich wird die Lage für Italien immer prekärer, wie nun auch die Regierung in Rom selbst zugibt. So berichtet der italienische Vizepremier Matteo Salvini, gleichzeitig Chef der rechtsnationalen Lega, dass die Zinsen italienischer Staatsanleihen weiter steigen. Der Zinsabstand zu deutschen Bundesanleihen werde größer, sagte Salvini dem italienischen TV-Sender RAI. Der Abstand könne nicht von der Regierung kontrolliert werden.
Der Zinsabstand von Staatsanleihen zu deutschen Bundesanleihen gilt an den Finanzmärkten als Gradmesser für das Vertrauen von Investoren. Denn Bundesanleihen werden als besonders sichere Anlage angesehen. Wird der Abstand größer, ist das oft ein Zeichen für sinkendes Vertrauen. Steigende Zinsen bedeuten wiederum höhere Finanzierungskosten für den italienischen Staat.
Ärger in der Wirtschaft über die Regierung
In der italienischen Wirtschaft regt sich mittlerweile Protest gegen die Regierung. Carlo Bonomi von der Industrievertretung Assolombarda mahnte vor wenigen Tagen zu mehr Einheit. Es sei "ein sehr heikler Moment für das Land", sagte er laut "Corriere della Sera".
Auch die Zeitung "Corriere della Sera" selbst appellierte an den Verstand der populistischen Regierung aus Fünf-Sterne-Bewegung und Lega. "Es ist nicht klar, ob sie nicht versteht, was passiert ist, oder so tut, als würde sie es nicht verstehen", schrieb das Blatt. Beides wäre demnach besorgniserregend.
Salvini indes zeigte sich auch nach der jüngsten Eskalation des Haushaltsstreit hart. Sein Land werde dem Druck nicht nachgeben, sagte er. Insbesondere werde er nicht auf die geplante Rentenreform verzichten.
apr/dpa