Schwaches Wachstum IWF warnt vor neuer Weltwirtschaftskrise

Baustelle in Nordrhein-Westfalen: IWF rät Deutschland zu Investitionen
Foto: Boris_Roessler/ picture-alliance / dpa/dpawebWashington - Der Internationale Währungsfonds (IWF) warnt vor der Gefahr einer neuen globalen Wirtschaftskrise. Die Risiken für die Weltkonjunktur seien in den vergangenen Monaten wieder größer geworden, teilte der IWF am Dienstag mit. Die Wachstumsprognose für dieses Jahr korrigierte der Fonds im neuen Weltwirtschaftsausblick erneut nach unten.
Statt wie im April mit 3,7 Prozent rechnet er für dieses Jahr nun nur noch mit 3,3 Prozent Wachstum der Weltwirtschaft. Im Jahr 2015 soll sie mit 3,8 Prozent wieder etwas stärker wachsen, allerdings liegt auch dieser Wert unter der Prognose aus dem April. Damit musste der Fonds zum wiederholten Male in Folge seine Erwartungen reduzieren.
Auch die Schätzung für das Wachstum in Deutschland fällt erheblich skeptischer aus als bisher. Der Fonds rechnet nur noch mit einem Wirtschaftswachstum in diesem Jahr von 1,4 Prozent und im nächsten Jahr von 1,5 Prozent - das ist für 2014 eine Absenkung um einen halben Prozentpunkt und für 2015 um 0,2 Prozentpunkte.
Für die trüberen Aussichten nennt der Bericht folgende Hauptgründe:
- In der Eurozone bestehe die Gefahr einer Stagnation statt des erhofften Aufschwungs nach der jahrelangen Wirtschaftskrise. In diesem Jahr werde der gemeinsame Währungsraum um 0,8 Prozent und im kommenden Jahr mit 1,3 Prozent wachsen. Beide Werte wurden deutlich gesenkt.
- Auch geopolitische Krisen wie in der Ukraine oder in Nahost könnten weit über die betroffenen Gebiete hinaus ökonomischen Schaden anrichten, etwa durch steigende Energiepreise.
- Riskant sei zudem eine mögliche Überhitzung der Finanzmärkte. Die hohen derzeitigen Börsenkurse würden nicht die Zerbrechlichkeit der wirtschaftlichen Erholung widerspiegeln.
- Vor allem in großen Volkswirtschaften werde trotz niedriger Zinsen zu wenig investiert und zu wenig für die Nachfrage getan.
- Zudem gebe es in zahlreichen Nationen den dringenden Bedarf an Strukturreformen. Die Spätfolgen der großen Rezession vor rund sechs Jahren seien hartnäckiger als bislang gedacht.
Einzig die USA stehen dem IWF zufolge künftig auf der ökonomischen Sonnenseite. Für sie rechnet er in diesem Jahr mit einer um 2,2 Prozent höheren Wirtschaftsleistung, ein halber Prozentpunkt mehr als im Juli vorausgesagt. Im kommenden Jahr dürfte sich der Zuwachs noch auf 3,1 Prozent steigern.
Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt, China, werde in diesem Jahr mit 7,4 Prozent und im kommenden Jahr 7,1 Prozent wachsen, sagt der Fonds voraus. Das sind zwar an sich für chinesische Verhältnisse keine sehr guten Wachstumsraten - immerhin musste der IWF seine Prognose aber nicht senken. Auch Indien habe sich nach einer Schwächephase wieder gefangen.
Deutschland solle vor allem mehr Geld ausgeben, um gegen die Wachstumsschwäche vorzugehen, raten die IWF-Volkswirte, etwa durch öffentliche Investitionen in Infrastruktur, vor allem für die Instandhaltung und Modernisierung. Die Bundesrepublik habe seinen Staatshaushalt saniert und könne sich solche Ausgaben leisten, ohne Defizitvorschriften des Stabilitätspakts zu verletzen, schreiben die Experten.
Teuerung bis 2019 unter Zielmarke
In der Eurozone senkte der Fonds außer für Deutschland vor allem die Prognosen für Italien und Frankreich. Die spanische Wirtschaft sieht er dagegen auf einem stabilen Weg.
Die gegenwärtig sehr niedrige Teuerungsrate in der Eurozone von 0,3 Prozent sehen die IWF-Experten für die kommenden Jahre quasi als Normalzustand: Der Europäischen Zentralbank (EZB) werde es wohl bis mindestens 2019 nicht gelingen, ihr Preissteigerungsziel von knapp unter zwei Prozent zu erreichen. Sollten die Inflationserwartungen weiter fallen, dann sollte die EZB ihre Geldpolitik noch weiter lockern, raten die IWF-Ökonomen.
Große Schwierigkeiten sieht der IWF wegen der Sanktionen in der Ukraine-Krise für die russische Wirtschaft. Der einstige Wachstumsmotor Brasilien kämpfe ebenfalls mit einer noch schwächeren Konjunktur als zuletzt erwartet.