
Burma: Jade-Abbau - ein brutales Geschäft
Jadeabbau in Burma Der Fluch des grünen Goldes
Die Stadt Hpakant, im Bundesstaat Kachin hoch im Norden Burmas, lag einst mitten im Dschungel. Die Flüsse waren sauber, der Urwald grün und undurchdringlich, und die Bewohner konnten vom Abbau und Handel mit Jade gut leben. Doch diese Zeiten sind vorbei.
Der Ort beherbergt die größten Jadevorkommen weltweit - früher ein Segen, heute ein Fluch. Der Abbau des grünen Rohstoffs hat sich zu einem Milliardengeschäft entwickelt. Die Organisation Global Witness schätzt den Umsatz in ihrem Bericht zu "Burmas größtem Staatsgeheimnis" mit dem Schmuckstein allein im Jahr 2014 auf 31 Milliarden Dollar. Für das Land aber fällt kaum etwas ab - Untersuchungen zufolge profitiert vor allem eine kleine Gruppe um den früheren Diktator des Landes.
Geschätzte 200.000 Minenarbeiter aus dem ganzen Land leben in Hpakant und suchen nach dem einen Stein, der sie reich macht und ihr Leben verändert, auch der 28-jährige Shwe Lin. Er stammt aus einem Dorf an der burmesisch-indischen Grenze und will mit dem Geld, das er in den Jademinen verdient, für seine Familie ein Haus bauen.
Seine Chancen aber stehen schlecht: Wie viele Arbeiter hat er keine Lizenz von der Regierung und sucht daher in den Schutthalden nach Jade - mit wenig Erfolg. "Für uns Arbeiter bleiben nur die günstigen Steine. Wenn die großen Unternehmen herausfinden, dass wir einen wertvollen Stein gefunden haben, holen sie sich den selbst. Sogar die Polizei verfolgt uns manchmal."
Politiker und Militärs kontrollieren das Geschäft
Wer ins Geschäft einsteigen möchte, brauche einen guten Draht zur Regierung, sagt ein Jadehändler. "Jeder Minister ist am Jadegeschäft beteiligt - für sie ist es die beste Einnahmequelle, ohne dass sie jemals in Hpakant waren." Rund 900 Firmen mit Schürfrechten für die Minen soll es geben, dahinter steckt Global Witness zufolge jedoch nur eine kleine Gruppe.
Der ehemalige Staatschef Than Shwe, der 2011 zurückgetreten ist, kontrolliert dem Global Witness-Bericht zufolge den gesamten Jadehandel - zusammen mit Familienmitgliedern, früheren Generälen, einem jetzigen Minister und einem Drogenboss. Auch die burmesische Armee ist mit zwei Firmen vertreten und gilt als Profiteur des lukrativen Geschäfts.
Der Umsatz mit dem grünen Schmuckstein entspricht Global Witness zufolge fast der Hälfte der gesamten Wirtschaftsleistung Burmas. Ein Vergleich: Die Einnahmen aus dem Jadegeschäft sind 46-mal so hoch wie die Staatsausgaben für das Gesundheitssystem. Allerdings gehen der Organisation zufolge mehr als zwei Drittel der Einnahmen am Fiskus vorbei: Nur die günstigeren Nephrite werden versteuert und auf offiziellen Auktionen in der Hauptstadt Naypyitaw oder in Mandalay gehandelt.
"Gold hat einen Wert, Jade ist unbezahlbar"
50 bis 80 Prozent der Jade werden dagegen nach China geschmuggelt. Vor allem die wertvollen Jadeite landen auf dem Schwarzmarkt in dem Nachbarland. Die Nachfrage aus China ist in den vergangenen Jahren enorm gestiegen, der zunehmende Wohlstand in dem Nachbarland ermöglicht es vielen Chinesen, auch Geld für Jade auszugeben.
Sie schreiben den Schmucksteinen eine heilende Wirkung zu: "Gold hat einen Wert, Jade ist unbezahlbar", lautet ein chinesisches Sprichwort. In offiziellen Statistiken werden die chinesischen Importe mit 12,3 Milliarden Dollar beziffert.
Der burmesische Staat dagegen muss nicht nur auf die Einnahmen verzichten, sondern zahlt mit einer zerstörten Umwelt. In dem Abbaugebiet rund um Hpakant werden ganze Berge manchmal innerhalb weniger Tage abgetragen. Die massive Abholzung führt zu Bodenerosion, Erdrutsche haben schon Hunderte Minenarbeiter getötet.
Ein Grund dafür ist die Aufhebung der Sanktionen gegen das Land im Jahr 2012. Seitdem können Unternehmen schwere Maschinen von Caterpillar, Volvo und Liebherr importieren - mit den schweren Baggern haben sie den Jadeabbau beschleunigt. Juman Kubba von Global Witness fordert die Hersteller auf, Verantwortung zu übernehmen. "Natürlich will kein Unternehmen, dass mit seinen Maschinen Schaden angerichtet wird. Sie sollten deshalb ihre burmesischen Kunden und Vertriebspartner darauf überprüfen, welche Verbindungen sie in höhere Kreise haben."
100.000 Arbeiter können nicht wählen gehen
Ob sich mit den anstehenden Wahlen etwas ändern wird, ist zweifelhaft: Nach Jahrzehnten Militärdiktatur und fünf Jahren einer von Ex-Generälen geführten Reformregierung steht Burma vor einer Richtungsentscheidung: Entweder es bleibt bei einer militärnahen Regierung oder die Partei der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi gewinnt.
Kubba ist in jedem Fall skeptisch, auch wenn die aktuelle Regierung Reformen angestoßen hat: "Es gibt zwar einige Firmen, die nun ihre Geschäfte offen legen, aber es ist noch ein weiter Weg. Eine neu gewählte Regierung wird entweder mehr Transparenz schaffen oder aber komplett zurückfallen in Korruption und Misswirtschaft."
Für die Minenarbeiter in Hpakant wie Shwe Lin bleibt ohnehin nur die Hoffnung darauf, ein wenig Geld zu sparen. Die Wahlen werden sie kaum beeinflussen können: Mehr als 100.000 Arbeiter aus dem ganzen Land sind in der Minenstadt nicht registriert - sie dürfen an der Abstimmung über ein neues Parlament gar nicht teilnehmen.