Jobcenter Hartz-IV-Beziehern droht schnellere Zwangsverrentung

Empfangsschalter einer Behörde
Foto: Oliver Berg/ picture alliance / dpaTrotz großer Kritik an der sogenannten vorzeitigen Zwangsverrentung von Langzeitarbeitslosen will die Koalition demnach den Jobcentern mehr Möglichkeiten einräumen, Hartz-IV-Empfänger in den Ruhestand zu schicken. So sollen die Behörden künftig Leistungen streichen können, wenn Betroffene nicht die nötigen Unterlagen zum vorzeitigen Wechsel in die Rente vorlegen.
Seit Längerem fordern Sozialverbände, Gewerkschaften und Opposition, die Praxis der "Zwangsverrentung" aufzugeben. Schätzungen zufolge werden jährlich Tausende Hartz-IV-Empfänger aufgefordert, vorzeitig mit 63 in Rente zu gehen - obwohl sie dabei Abschläge hinnehmen müssen. Kommen die Menschen der Aufforderung nicht nach, können Jobcenter die Anträge dafür stellen.
Nötige Unterlagen würden die Betroffenen aber oft nicht vorlegen, heißt es in der Begründung des neuen Vorstoßes. Nach bisheriger Rechtslage seien die Möglichkeiten zur Einwirkung auf die Betroffenen damit erschöpft. Deshalb sollen die Jobcenter in solchen Fällen künftig Leistungen versagen, bis die Betroffenen ihren Mitwirkungspflichten nachkommen.
Heftige Kritik an den Plänen kommt von den Linken. "Mit dem Beschluss zur sogenannten Flexi-Rente will die Bundesregierung das Arbeiten über die Regelaltersgrenze hinaus attraktiver machen", sagte ihr Rentenexperte Matthias W. Birkwald. "Gleichzeitig verschärft sie die Praxis der Jobcenter, ältere Arbeitslose ab 63 auszusortieren und aufs Abstellgleis zu schicken." Widersprüchlicher könne Politik nicht sein. Der Politiker nahm damit Bezug auf einen anderen aktuellen Gesetzentwurf, mit dem fließendere Übergänge in die Rente erleichtert werden sollen.
Birkwald forderte Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) auf, die Zwangsverrentung abzuschaffen. Stattdessen solle sie ein Sonderprogramm zur Bekämpfung von Arbeitslosigkeit im Alter vorlegen. Linke-Chefin Katja Kipping sagte: "Die sogenannte Rechtsvereinfachung entpuppt sich immer mehr als Repressionsverschärfung."