Kita-Streik Was Eltern jetzt wissen müssen

In welchen Kitas wird gestreikt, in welchen nicht? Droht die Kündigung, wenn Eltern ihrer Arbeit fernbleiben? Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Erzieher-Demo in Offenbach im April: Knapp 1,8 Millionen Kinder vom Streik betroffen

Erzieher-Demo in Offenbach im April: Knapp 1,8 Millionen Kinder vom Streik betroffen

Foto: Boris Roessler/ dpa

Welche Kitas sind vom Streik betroffen und welche nicht?

In Deutschland gibt es nach Angaben der "Tagesschau"  genau 53.415 Kitas. Mehr als 3,2 Millionen Kinder werden in ihnen betreut. Der Großteil ist von den Ausständen nicht betroffen. Bestreikt werden nur die Kitas öffentlicher Träger, also von Behörden, Verbänden oder gemeinnützigen Vereinen (Details dazu hier ). Insgesamt werden in Deutschland rund 17.500 Kitas von öffentlichen Trägern unterhalten, diese betreuen insgesamt gut 1,8 Millionen Kinder.

Wo genau wird gestreikt?

Die Ausstände starten am Freitag in der gesamten Bundesrepublik. Verschiedene Bundesländer sind aber zunächst unterschiedlich stark betroffen. Die Gewerkschaft Ver.di ist dabei, für die Bundesländer und teils auch für einzelne Bezirke Hotlines einzurichten, an die sich Eltern wenden können. Die Nummern sollen in Kürze veröffentlicht werden.

Wie lange dauert der Streik?

Der Streik startet am Freitag und wird nach Angaben von Ver.di unbegrenzt lange fortgeführt. Sollte die Arbeitgeberseite sich nicht auf Ver.di zubewegen, könnte der Streik notfalls auch über Pfingsten hinaus andauern, heißt es in einer Erklärung der Gewerkschaft .

Dürfen Eltern zu Hause bleiben?

Grundsätzlich ja. Aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers folgt, dass er seine Arbeitnehmer freistellt, wenn sonst das Kind alleine wäre. Eine Kündigung oder Abmahnung müssen Angestellte dann nicht fürchten.

Dies gilt aber nur, wenn Eltern rechtzeitig ihrem Chef Bescheid sagen. Zeichnet sich ab, dass keine Omas, Nachbarn oder Freunde auf das Kind aufpassen können, sollten Arbeitnehmer ihrem Vorgesetzten erklären, warum sie nicht kommen können, sagt der Arbeitsrechtler Andreas von Medem. Dabei gelte: Je früher, desto besser. Und je länger die Kita geschlossen bleibt, desto schwieriger wird es für den Mitarbeiter zu argumentieren, warum er noch immer keinen Ersatz gefunden hat.

In jedem Fall gilt: Einfach unentschuldigt zu Hause bleiben, ist keine gute Idee. Urlaub muss immer vom Chef genehmigt werden.

Dürfen Eltern ihr Kind mit zur Arbeit bringen?

In dieser Frage muss es ein Einvernehmen mit dem Arbeitgeber geben. Er ist nicht verpflichtet, Kinder auf der Arbeit zu gestatten. Viele Arbeitsplätze sind nicht für Kinder geeignet, denn die Konzentration der Mitarbeiter ist mit kleinen, vielleicht quengelnden Kindern nicht mehr gewährleistet.

In manchen Betrieben wird allerdings angeboten, die Kinder mit zur Arbeit zu bringen und in einem gesonderten Raum oder in Betriebskindergärten betreuen zu lassen.

Eine andere Lösung könnte sein, dass mehrere vom Kitastreik betroffene Eltern, die in einer Firma arbeiten, sich zusammenschließen und die Kinderbetreuung gemeinsam organisieren. Vielleicht lässt sich auch darüber mit dem Chef reden - zum Beispiel über Schichttausch oder darüber, die Arbeitszeiten so zu legen, dass Mütter und Väter sich gut ergänzen.

Bekomme ich weniger Gehalt, wenn ich zu Hause bleibe?

Vermutlich ja. Eltern, die wegen des Kita-Streiks zu Hause bleiben müssen, haben laut Paragraf 616 des Bürgerlichen Gesetzbuches  Anspruch auf Lohnfortzahlung für Fehltage - vorausgesetzt, ein Streik wird kurzfristig angekündigt. Was als kurzfristig gilt, ist nicht genau definiert, Fachleute des Arbeitsrechts halten aber einen Vorlauf von zwei bis drei Tagen für angemessen.

Der aktuelle Streik wurde gerade einmal 48 Stunden vor Beginn angekündigt - und liegt damit genau im Graubereich.

Ist die Kita wegen des Streiks länger geschlossen, entfällt der Anspruch auf Lohnfortzahlung laut BGB ohnehin komplett - auch wenn man für die ersten Streiktage womöglich das Recht darauf gehabt hätte. Das Gesetz sei an dieser Stelle ziemlich eindeutig, sagt Arbeitsrechtler Medem. "Wenn es zu lange dauert, fällt die Lohnfortzahlung insgesamt weg."

Kann ich meine Kita-Beiträge zurückfordern?

Streiks gelten gemeinhin als höhere Gewalt. Die Kita muss die Beiträge daher nicht zurückerstatten, wenn sie streikbedingt geschlossen bleibt. Manche kommunale Kindergärten würden dies aber aus Kulanzgründen trotzdem tun, sagte Berthold Ernst, Geschäftsführer des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes, in den "Ruhr Nachrichten" . Eltern sollten sich am besten direkt beim Träger der Einrichtung erkundigen.

Worum geht es in dem Tarifkonflikt?

Die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di kämpft gemeinsam mit der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und dem Beamtenbund dbb für eine Aufwertung der Sozial- und Erziehungsberufe. Dies soll nicht mit einer pauschalen Lohnerhöhung erreicht werden, sondern mit einer um mehrere Stufen höheren Eingruppierung in der Gehaltstabelle. Im Schnitt sollen sich die Einkommen um gut zehn Prozent verbessern.

Die Arbeitgeber halten das für nicht bezahlbar. Nach Angaben der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) beläuft sich die Gesamtforderung auf 1,2 Milliarden Euro.

In dem Tarifstreit hatte es schon fünf Verhandlungsrunden gegeben. Nachdem auch die bislang letzte geplatzt war, haben die Gewerkschaften unbefristete Streiks beschlossen.

Mit Material von dpa
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