Klagerecht Europarichter stärken deutsche Umweltschützer

Kohlekraftwerk in Hessen: Klagen für die Allgemeinheit
Foto: Frank Rumpenhorst/ dpaLuxemburg - Ob Kraftwerke, Fabriken oder Autobahnen: Viele Bauprojekte werden von Umweltschützern abgelehnt, weil sie ökologische Schäden befürchten. Vor Gericht ziehen durften in Deutschland aber bislang nur persönlich von einem Vorhaben Betroffene. Diese Regel hat der der Europäischen Gerichtshofes (EuGH) nun gekippt. Laut einem Urteil vom Donnerstag dürfen künftig auch Umweltorganisationen als Vertreter der Allgemeinheit klagen, wenn erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt zu befürchten sind.
Diese Entscheidung fällten die Richter im Zusammenhang mit dem geplanten Bau eines Steinkohlekraftwerkes im nordrhein-westfälischen Lünen. Weil die zuständige Bezirksregierung Arnsberg keine rechtlichen Bedenken gegen den Bau hatte, erteilte sie im Mai 2008 eine Teilgenehmigung für den Bau.
Dagegen legte der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) Widerspruch ein, da sich im Umkreis des geplanten Kraftwerks fünf sogenannte Flora-Fauna-Habitat-Gebiete befinden. Der BUND erhob beim zuständigen Oberverwaltungsgericht Klage auf Aufhebung der Bescheide, weil diese seiner Ansicht nach gegen die sogenannte Habitatrichtlinie der EU verstießen.
Die Richter schlossen sich der Argumentation an, hatten jedoch Zweifel, ob die Umweltorganisation gerichtlich gegen die Entscheidung vorgehen dürfe, da diese nicht als Einzelperson in ihren Rechten verletzt war. Die Luxemburger Richter räumten dem BUND nun Klagerecht ein. Die Mitgliedsstaaten müssten der betroffenen Öffentlichkeit mit einem ausreichenden Interesse einen weiten Zugang zu Gerichten zu gewähren
Abriss von milliardenteuren Bauten?
Der BUND rechnet damit, dass die Entscheidung bundesweite Konsequenzen haben wird. Die Chancen, "überflüssige und klimaschädliche Kohlekraftwerke zu verhindern", seien nun gestiegen, teilte die Organisation mit. Auch sieht sich die Umweltorganisation bei ihren Klagen gegen gleich mehrere Kohlekraftwerke gestärkt, darunter das Hamburger Kohlekraftwerk Moorburg, das Steinkohlekraftwerk in Lünen sowie ein Kraftwerk in Datteln. "Setzt sich der BUND in den weiteren Verfahren durch, müssten die milliardenteuren Bauten wieder abgerissen werden", erklärte der BUND mit Blick auf die Anlagen in Lünen und Datteln.
Dem Bund drohen bei der geplanten Energiewende damit neue, bislang unerwartete Schwierigkeiten. Den zusätzliche Kohlekraftwerke werden von Regierungsvertretern als eine der Hauptalternativen zu Atomkraftwerken gesehen.