Streit über klimafreundliche Kraftstoffe Habeck und Wissing zuversichtlich im Verbrennerstreit

Habeck und Wissing Ende 2022: Streit mit der EU-Kommission beigelegt?
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Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) geht von einer Einigung mit der EU-Kommission im Streit über die Zukunft von Neuwagen mit Verbrennungsmotoren aus. Habeck sagte in Kopenhagen, es sei sein Verständnis, dass es eine Einigung gebe. Dies wären gute Nachrichten. Der Streit habe zu lange gedauert.
Eine Einigung wäre sehr hilfreich auch für den Koalitionsausschuss am Sonntag, so Habeck. Er hoffe, er liege richtig in der Interpretation. Falls es nicht zu einer Einigung käme, würde dies das Treffen der Koalitionsspitzen überschatten, machte er deutlich. Es wäre dann sehr schwierig, in anderen Fragen zu Einigungen zu kommen.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing hatte sich zuversichtlich gezeigt, dass es zu einer gangbaren Lösung im Verbrennerstreit kommt. Der FDP-Politiker sagte der Nachrichtenagentur dpa, man habe sich eng mit der EU-Kommission beraten und ihr nach sorgfältiger Prüfung einen konstruktiven Lösungsvorschlag übermittelt. »Wir gehen davon aus, dass damit nicht nur alle inhaltlichen, sondern auch die rechtlichen Fragen hinreichend beantwortet sind.«
Wissing fügte hinzu: »Der Genehmigung von neuzugelassenen Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren, die ausschließlich mit synthetischen Kraftstoffen betankt werden, sollte damit auch nach 2035 nichts mehr im Wege stehen.« Man erwarte nun, dass die EU-Kommission eine entsprechende Erklärung abgebe, klare zeitliche Zielmarken nenne und den Prozess für entsprechende Rechtsakte in Gang setze.
Das Ministerium hatte am Donnerstagabend ein Antwortschreiben zu jüngsten Lösungsvorschlägen der EU-Kommission nach Brüssel geschickt, wie es aus Regierungskreisen in Berlin hieß. Die Vorschläge der EU-Kommission waren zu Wochenbeginn bekannt geworden.
Hintergrund ist eine grundsätzliche Einigung von Europaparlament und EU-Staaten, wonach in der EU ab 2035 nur noch emissionsfreie Neuwagen zugelassen werden dürfen. Deutschland dringt aber darauf, auch danach noch Neuwagen mit Verbrennungsmotoren zuzulassen, die E-Fuels tanken – also künstliche Kraftstoffe, die mit Ökostrom klimaneutral erzeugt werden sollen. Eine für Anfang März vorgesehene Bestätigung der Einigung durch die EU-Staaten wurde daher von Deutschland zunächst verhindert.
Auch EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen zeigte sich zuversichtlich, dass in dem Streit schnell eine Lösung gefunden wird. »Zeit ist in diesem Fall von entscheidender Bedeutung«, sagte die Politikerin nach dem ersten Tag eines EU-Gipfels in Brüssel. Das Vorhaben sei eine wichtige Säule, um die EU-Klimaziele zu erreichen. »Und deshalb intensivieren wir die Gespräche und ich bin zuversichtlich, dass wir bald eine gute Lösung finden werden.«
Was fällt unter die Ausnahme?
Bundeskanzler Olaf Scholz hatte die deutsche Position im Streit über Autos mit Verbrennungsmotor zuvor gegen Kritik europäischer Partner verteidigt. »Es gibt eine klare Verständigung in Europa«, sagte der SPD-Politiker am Donnerstag beim EU-Gipfel. Dazu gehöre, dass die EU-Kommission einen Vorschlag mache, wie auch nach 2035 ausschließlich mit klimaneutralen E-Fuels betriebene Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor zugelassen werden können. »Das ist schon Konsens.«
Wer anderen Regierungschefs zuhörte, merkte jedoch schnell: Das deutsche Vorgehen sorgt bei einigen Partnern mindestens für Irritation, eher für Verärgerung. Denn zuletzt soll vor allem die FDP dafür gesorgt haben, dass das wichtige Klimaschutzgesetz in der EU nicht verabschiedet werden konnte. Am deutlichsten wurde der lettische Ministerpräsident Krisjanis Karins. Er sprach mit Blick auf das deutsche Vorgehen von einem »sehr, sehr schwierigen Zeichen für die Zukunft«.
Bei der Grundsatzeinigung im Herbst hatte Deutschland einen Zusatz in das Abkommen verhandelt, wonach die EU-Kommission einen Vorschlag vorlegen soll, wie nach 2035 Fahrzeuge zugelassen werden können, die ausschließlich mit E-Fuels betrieben werden. In der EU-Kommission las man den entsprechenden Absatz stets so, dass davon Sonderfahrzeuge wie Kranken- oder Feuerwehrwagen betroffen sein sollen. Nach Berliner Lesart soll die E-Fuel-Ausnahme dagegen für alle Fahrzeuge gelten.