Kohleausstieg Umweltbundesamt reicht wohl Stilllegung von zehn Kraftwerken

Die Jamaika-Koalitionäre in spe streiten über das Aus für Kohlekraftwerke. Die Grünen wollen für den Klimaschutz 20 Meiler stilllegen. Das Umweltbundesamt gibt sich offenbar mit weniger zufrieden.
Kohlekraftwerk Mehrum in Niedersachsen

Kohlekraftwerk Mehrum in Niedersachsen

Foto: Julian Stratenschulte/ picture alliance / dpa

Das Umweltbundesamt (UBA) hat sich in den Streit um den Kohleausstieg unter den künftigen Jamaika-Partnern CDU, CSU, FDP und Grünen eingeschaltet. Die Behörde, die zum bislang noch SPD-geführten Umweltministerium gehört, schlägt vor, "kurzfristig" mindestens Kapazitäten in Höhe von fünf Gigawatt "der ältesten und ineffizientesten Braunkohlekraftwerke" stillzulegen, heißt es in einem Thesenpapier der Behörde . Zusätzlich müsse die Stromproduktion von Kohlekraftwerken gedrosselt werden, die älter als 20 Jahre sind. Außerdem müssten die erneuerbaren Energien stärker ausgebaut werden.

Die Reduktion des Kohlestroms gilt in den Jamaika-Sondierungen als eines der schwierigsten Themen. Um die Klimaschutzziele noch zu erreichen, hatten die Grünen gefordert, 20 Kohlemeiler abzuschalten. Grünen-Chefin Simone Peter lehnte das Angebot von Union und FDP zur Abschaltung von bis zu zehn größeren Kraftwerken ab.

Hintergrund des Streits um die Kohle ist, dass sich alle Verhandler zu den Klimaschutzzielen 2050, 2030 und 2020 bekennen. Die Abschaltung alter Kohlemeiler soll dafür etwa die Hälfte bringen. Den anderen Teil sollen Verkehr, Industrie und Gebäude liefern.

Die vom UBA nun vorgeschlagene Abschaltung von fünf Gigawatt würde Experten zufolge bedeuten, etwa zehn Kraftwerksblöcke abzuschalten. Da die Leistungen unterschiedlich sind, kommt es für die genaue Zahl allerdings darauf an, welche Blöcke betroffen wären. (Lesen Sie hier: Warum die CDU beim Kohleausstieg bremst.)

CDU-Ministerpräsident Tillich appelliert an Merkel

Der Vorschlag sieht vor, dass Braun- und Steinkohlekraftwerke, die älter als 20 Jahre sind, nur noch ein Strombudget von maximal 4000 sogenannten Volllaststunden pro Anlage pro Jahr produzieren dürfen. Kraftwerke laufen oft nicht auf Höchstleistung. Ein Budget von 4000 Volllaststunden bedeutet, dass ein Kraftwerk so viel Strom produzieren darf, wie in 4000 Stunden bei voller Auslastung möglich wäre. Das hat laut UBA "keine nennenswerten Auswirkungen auf die Zahl der dort Beschäftigten".

"Beide Maßnahmen sind die kostengünstigsten und am schnellsten umsetzbaren, um bis 2020 noch eine nennenswerte Reduktion des Treibhausgasausstoßes in der Energiewirtschaft zu erzielen", schreiben die Experten. Die Maßnahmen könnten bis 2020 etwa 50 bis 65 Millionen Tonnen Kohlendioxid-Emissionen einsparen und den Rückstand Deutschlands auf das selbst gesetzte Ziel größtenteils aufholen, dann 40 Prozent weniger Treibhaushase als 1990 auszustoßen.

Sachsens scheidender CDU-Ministerpräsident Stanislaw Tillich wandte sich in der Debatte nun auch in einem Brief an Kanzlerin und Parteifreundin Angela Merkel. Er sei besorgt um die Braunkohleindustrie in seinem Land. "Unsere Stabilität in der Energieversorgung wird fahrlässig riskiert, wenn Gutachten wie das der Agora Energiewende suggerieren, die Versorgungssicherheit könnte auch ohne Braunkohleverstromung in jedem Fall gewährleistet werden", heißt es in dem Schreiben. "Diese Aussagen beruhen auf nicht haltbaren Annahmen."

Die Denkfabrik Agora hatte errechnet, die Abschaltung von 20 Braunkohlekraftwerken würde die Stromversorgung Deutschlands nicht gefährden. Es müssten lediglich Stromexporte reduziert werden, hatte die "Bild"-Zeitung berichtet. Agora war vom Grünen-Staatssekretär Rainer Baake mitgegründet worden, als dieser während der schwarz-gelben Regierungsjahre pausieren musste.

apr/dpa
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