Geplanter Kohleausstieg Unionspolitiker warnen vor "teuer erkaufter Symbolpolitik"

Arbeiter im Rheinischen Braunkohlerevier im Tagebau Garzweiler
Foto: Oliver Berg/ picture alliance/dpaDer Ausstiegsplan der Kohlekommission liegt vor. Nun ist die Regierung am Zug. Die Reaktionen aus Politik und Wirtschaft zeigen, dass die Verhandlungen schwierig werden dürften. Die 28 Mitglieder der Kohlekommission empfehlen in ihrem Abschlusspapier Milliardenhilfen für Beschäftigte, Regionen und Stromverbraucher.
Kritik kommt deshalb aus dem Wirtschaftsflügel der Unionsfraktion im Bundestag. "Es drängt sich der Verdacht auf, dass hier volkswirtschaftlich teuer erkaufte, klimapolitische Symbolpolitik gemacht werden soll", sagte der wirtschaftspolitische Sprecher Joachim Pfeiffer (CDU) der Nachrichtenagentur dpa.
Die von der Regierung eingesetzte Kohlekommission hat ein Konzept für einen Kohleausstieg bis spätestens 2038 vorgelegt. Für die Kohleregionen in Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Sachsen-Anhalt schlägt der Bericht Strukturhilfen von 40 Milliarden Euro vor. Um Aufschläge beim Strompreis zu vermeiden, soll ein Zuschuss von zwei Milliarden Euro jährlich ab 2023 geprüft werden.
Der Vorschlag lasse viele zentrale Fragen offen, sagte CDU-Politiker Pfeiffer. "Das genaue Ausmaß der notwendigen Finanzierung für Strukturhilfen, Kompensations- und sonstige Maßnahmen ist ebenso unklar wie die Auswirkungen einer vorzeitigen Abschaltung der Kraftwerke auf die Sicherheit der Energieversorgung und auf die Strompreise."
Deutschland werde das Klima nicht mit "immer neuen nationalen Alleingängen" retten können - sondern nur mit gemeinsamen, abgestimmten Maßnahmen auf europäischer oder globaler Ebene, sagte der CDU-Politiker. Schon heute habe Deutschland für Haushalte und Industrie die höchsten Strompreise in Europa. "Trotzdem würden Bürgern und Unternehmen bei Umsetzung der Kommissionsempfehlungen nochmals erhebliche zusätzliche Lasten aufgebürdet." Dies gefährde die Wettbewerbsfähigkeit vieler, gerade stromintensiver Unternehmen, Arbeitsplätze und die Stromversorgungssicherheit.
Industrie warnt vor Herauspicken von einzelnen Vorschlägen
Auch Wirtschaftsvertreter sind angesichts der finanziellen Belastungen infolge des geplanten Kohleausstiegs skeptisch. Industriepräsident Dieter Kempf sprach von einem schwierigen Ergebnis für den Standort Deutschland - "mit großen Risiken". Zugleich forderte er aber die Bundesregierung auf, das Konzept der Kohlekommission ohne Abstriche umzusetzen. "Ein Herauspicken von Einzelmaßnahmen bringt den Konsens in Gefahr", sagte Kempf den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
Nach der Vorlage des Berichts der Kommission sind nun Bund und Länder am Zug. Die Bundesregierung hat ein "belastbares Energiekonzept" angekündigt. Die Verhandlungen dürften aber schwierig werden. Am Donnerstag treffen sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Finanzminister Olaf Scholz (SPD) mit den Ministerpräsidenten der betroffenen Länder.

Braunkohlereviere in Deutschland
Foto: SPIEGEL ONLINEDer nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) verlangte einen konkreten Finanzierungsplan für den Strukturwandel. "Die vom Kohleausstieg betroffenen Regionen brauchen verbindliche Zusagen und Planungssicherheit für die nächsten 20 Jahre", sagte er der "Bild"-Zeitung. Dafür müsse Scholz einen konkreten Finanzrahmen auf Basis des Kommissionsvorschlags vorlegen.
Der Kohlekompromiss dürfte nach Ansicht von EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger auch die Wettbewerbshüter von der EU-Kommission noch beschäftigen. Es gehe dabei auch um Fragen von Staatsbeihilfen, sagte der CDU-Politiker am Montagabend in Berlin. Wenn der deutsche Staat etwa in der Lausitz Strukturförderung betreibe, könnten Stahlwerke in Frankreich oder Belgien von Brüssel eine Prüfung in Brüssel verlangen, ob der faire Wettbewerb verletzt werde.