Erdgasförderung in den Niederlanden Kommission wirft Regierung Gefährdung der Bürger vor

Ein Parlamentsausschuss in den Niederlanden hat einen vernichtenden Bericht über die heimische Erdgasförderung veröffentlicht. Regierung und Konzerne hätten Erdbeben in Kauf genommen, um abzukassieren.
Erdgasleitungen in der niederländischen Provinz Groningen

Erdgasleitungen in der niederländischen Provinz Groningen

Foto: John Thys / AFP

Der niederländische Staat und die Ölkonzerne Shell und ExxonMobil haben offenbar jahrzehntelang die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger missachtet. Laut einem Untersuchungsbericht haben sie in der nördlichen Provinz Groningen, nahe der Grenze zu Niedersachsen, trotz zahlreicher Erdbeben einfach immer weiter Erdgas produziert.

»Geld war wichtiger als Sicherheit«, schreibt eine parlamentarische Untersuchungskommission in ihrem Abschlussbericht. Führende Politiker, darunter auch Premier Mark Rutte, hätten den Ernst der Lange viel zu lange unterschätzt, Minister fahrlässig gehandelt.

Politiker reagierten geschockt auf die Urteile der Kommission. Premier Mark Rutte teilte mit, dass der Bericht bei ihm »hart angekommen« sei. Vor einer inhaltlichen Reaktion müsse das fast 2000 Seiten umfassende Papier aber gründlich gelesen werden.

Die beiden an der Gasproduktion beteiligten Konzerne Shell und ExxonMobil nahmen den Bericht zur Kenntnis, wollten sich aber noch nicht zu möglichen Konsequenzen äußern.

Shell räumte ein, dass die Konzerne die Sorgen der Bürger über Schäden und Gefahren zu wenig im Blick gehabt hätten. »Groningen wurde vernachlässigt«, sagte die aktuelle Chefin von Shell Niederlande, Marjan van Loon.

Ein Sprecher von ExxonMobil sprach von einem wichtigen Bericht, der nun zunächst gründlich gelesen werden müsse.

Ex-Shell-Chef Ben van Beurden hatte im Oktober vor der Untersuchungskommission ausgesagt und sein tiefes Bedauern ausgedrückt. Beim Rückblick auf die Probleme durch die Gasproduktion empfinde er »Bedauern, Scham und Trauer«. Der frühere Chef von ExxonMobil Joost Van Roost hatte die Aussage dagegen verweigert.

Durch die Gasproduktion in Groningen hatte es seit 1986 rund 1600 Erdbeben gegeben. Zehntausende Gebäude wurden beschädigt, rund hunderttausend Menschen waren betroffen. Noch immer wurden nicht alle Bürger entschädigt.

Das Groninger Erdgasfeld war 1959 entdeckt worden, 1963 begann die Produktion. Die Niederlande wurden nach Norwegen zum größten Erdgasproduzenten Europas. Der Staat verdiente mehr als 360 Milliarden Euro, die beteiligten Öl-Gesellschaften Shell und ExxonMobil rund 66 Milliarden Euro.

2018 beschloss die Regierung, die Produktion bis 2023 schrittweise zu beenden.

ssu/dpa-AFX
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