Kreditklemme Zentralbanken starten Notprogramm gegen die Krise

Gemeinsam gegen die Krise: Zentralbanken in Europa, Nordamerika und Asien starten eine konzertierte Aktion gegen die Kreditklemme der Finanzkonzerne. Sie wollen die Märkte mit frischem Geld fluten. Die Börsen reagieren mit satten Kurssprüngen.
Händler an der New Yorker Börse: "Den Ernst der Lage erkannt"

Händler an der New Yorker Börse: "Den Ernst der Lage erkannt"

Foto: BRENDAN MCDERMID/ REUTERS

Frankfurt am Main - Die wichtigsten Notenbanken der Welt haben ein gemeinsames Programm zur Stützung der Finanzmärkte aufgelegt. Die Europäische Zentralbank (EZB) und die Zentralbanken von Kanada, den USA, Japan, der Schweiz und Großbritannien einigten sich auf ein Programm, um "dem globalen Finanzsystem Liquidität zuzuführen", wie die Institute am Mittwoch mitteilten.

Ziel der Aktion sei es, die Spannungen an den Märkten zu reduzieren und damit auch die Realwirtschaft zu unterstützen, hieß es. Unter anderem soll die Dollar-Versorgung für europäische Banken verbessert werden. Sie hätten sich darauf geeinigt, bestimmte Zinssätze zum Geldleihen untereinander um einen halben Prozentpunkt zu senken.

Daneben solle es zwischen einzelnen Zentralbanken befristete bilaterale Abkommen zu solchen Zinsgeschäften geben, "so dass in allen Währungsgebieten Liquidität in allen ihren Währungen angeboten werden kann, falls es die Marktbedingungen erfordern", wie die Institute mitteilten. Zuvor hatte schon die geldpolitische Wende Chinas hin zur Lockerung die Märkte beruhigt und vor allem am Rohstoffmarkt die Kurse in die Höhe getrieben.

An den Aktienmärkten löste die Aktion ein Kursfeuerwerk aus: Der Dax   baute seine Gewinne zeitweise auf plus vier Prozent aus. Auch der Euro gewann gegenüber dem Dollar deutlich an Wert. Die Börsen in Paris, Madrid und Mailand gewannen mehr als drei Prozent hinzu. Der britische FTSE stieg um 2,9 Prozent.

Analysten begrüßten das konzertierte Vorgehen in ersten Reaktionen einmütig. "Es zeigt, dass alle Beteiligten den Ernst der Lage erkannt haben", erklärte Helaba-Analyst Ralf Umlauf. "Zusammen mit der Senkung der Mindestreserve-Anforderungen in China ist das sehr hilfreich. Heute ist die Geldpolitik am Zug und zeigt damit, dass sie der Weltkonjunktur unter die Arme greift."

Der gemeinsame Schritt zeige, dass die Verantwortlichen das Problem endlich angingen, sagte auch ING-Chefvolkswirt Mark Cliffe. "Zuletzt haben wirklich düstere Szenarien die Runde gemacht. Angesichts dessen ist es wirklich umso wichtiger, dass sie nun mit aggressiven Maßnahmen das Bankensystem unterstützen."

Postbank-Chefvolkswirt Marco Bargel erklärte, die Notenbanken wollten vor allem eine neue Liquiditätskrise abwenden, die wie schon nach der Lehmann-Pleite vor drei Jahren das globale Finanzsystem lähmen könnte: "Die Notenbanken stehen Gewehr bei Fuß. Jegliche Anzeichen einer Liquiditätskrise werden mit allen Mitteln bekämpft. Wenn Verspannungen auftreten, werden sie nachschießen."

Das gemeinsame Vorgehen erinnert an die Hochzeiten der Finanzkrise: Im Oktober 2008 senkten die Währunghüter erstmals seit sieben Jahren in einer konzertierten Aktion die Zinsen. Kurz zuvor hatte die Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers das Vertrauen in den Finanzsektor schwer erschüttert.

Mitte September hatten die Währungshüter den Banken schon einmal in einer gemeinsamen Aktion zusätzliches Geld angeboten. Auch damals reagierten die Börse mit starken Kurssprüngen.

suc/dab/AFP/Reuters
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