Krise der Währungsunion Zentralbanken rüsten sich für Euro-Desaster

Wie lange hält der Euro? Laut "Wall Street Journal" bereiten sich mehrere Zentralbanken Europas bereits auf das Auseinanderbrechen der Währungsunion vor, manche bemühen sich offenbar schon um eigene Notenpressen. Die Pläne zeigen, unter welchem Druck die Politik beim EU-Krisengipfel steht.
Irische Zentralbank in Dublin: Wo kann man eigenes Geld drucken?

Irische Zentralbank in Dublin: Wo kann man eigenes Geld drucken?

Foto: © Luke MacGregor / Reuters/ REUTERS

New York/Hamburg - Einzelne Zentralbanken in Europa rüsten sich offenbar für einen Austritt aus der Euro-Zone oder sogar für das Ende der gemeinsamen Währung. Wie das "Wall Street Journal" unter Berufung auf Insider berichtet, sorgen sich einige Notenbanker bereits darum, wo sie künftig andere Währungen drucken können.

Allen voran prüfe die irische Zentralbank, wie sie an zusätzliche Ressourcen zum Gelddrucken komme, falls kurzfristig eine nationale Währung eingeführt werden müsse. Ein Sprecher der Bank wollte die Informationen nicht kommentieren. Irland ist einer der Wackelkandidaten innerhalb der Euro-Zone. Das Land erhält bereits Hilfen vom europäischen Rettungsfonds EFSF. Über einen möglichen Euro-Austritt war allerdings bisher nicht ernsthaft spekuliert worden.

Anders ist das im Fall Griechenland. Viele Ökonomen fordern schon länger, dass das hochverschuldete Land die Währungsunion verlassen soll. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy haben der griechischen Regierung jüngst mit einem Rauswurf gedroht. Laut "Wall Street Journal" verfügt die griechische Zentralbank bereits über ausreichende Druckmöglichkeiten, um eigene Geldscheine herzustellen. Ein Sprecher sagte, es gebe keine Gespräche über das Thema.

Mit der physischen Euro-Einführung 2002 hat die Europäische Zentralbank (EZB) die Zuständigkeit für die Herstellung von Geldscheinen übernommen. Sie delegiert diese Aufgabe aber in der Regel an die nationalen Zentralbanken, die zumindest einen Teil ihrer alten Druckkapazitäten aufrechterhalten haben.

Montenegro sondiert Euro-Ersatz

Auch außerhalb der Euro-Zone bereiten sich laut "Wall Street Journal" gleich mehrere Zentralbanken auf ein Ende der Euro-Zone vor. So prüfe etwa die Schweizer Nationalbank (SNB), an welchen anderen Währungen sie sich künftig orientieren könnte. Die SNB hatte erst kürzlich den Kurs des Schweizer Franken an die Entwicklung des Euro gekoppelt, um die starke Aufwertung der eigenen Währung zu stoppen.

Ebenfalls in Sorge ist offenbar die Zentralbank des kleinen Staats Montenegro. Das Land ist zwar kein offizielles Mitglied der Euro-Zone, nutzt den Euro allerdings als Währung - so wie vorher bereits die D-Mark. Montenegro habe eine "breite Palette von Möglichkeiten, von der Nutzung einer anderen Währung bis zur Einführung einer eigenen", zitiert die Zeitung den Chefökonomen der Zentralbank, Nikola Fabris.

Alle Planungen seien rein vorsorglich, zitiert das Blatt mit der Sache vertraute Personen. Sie bedeuteten nicht, dass die Zentralbanken ein Scheitern der Euro-Rettung erwarteten.

Die Krise der Euro-Zone hat sich in den vergangenen Wochen dramatisch zugespitzt. Selbst große Staaten wie Italien oder Spanien konnten sich nur noch zu sehr hohen Zinsen von zeitweise mehr als sieben Prozent Geld an den Kapitalmärkten leihen. Auch die Geschäftsbanken in der Euro-Zone haben teilweise große Probleme, an frisches Geld zu kommen. Besonders Investoren von außerhalb der Währungsunion sind äußerst vorsichtig geworden. In einer konzertierten Aktion hatten deshalb in der vergangenen Woche die sechs wichtigsten Notenbanken der Welt eingegriffen, um das europäische Finanzsystem mit US-Dollar zu versorgen.

Seitdem hat sich die Stimmung an den Finanzmärkten etwas aufgehellt. Viele Anleger hoffen auf eine Lösung der Krise beim EU-Gipfel, der an diesem Donnerstagabend in Brüssel beginnt. Zuvor wird die Europäische Zentralbank in Frankfurt ihre jüngste Zinsentscheidung bekanntgeben. Experten erwarten, dass die Währungshüter den Leitzins in der Euro-Zone von 1,25 auf ein Prozent senken und damit Kredite billiger machen.

Laut "Wall Street Journal" rät die US-Großbank JP Morgan Investoren und Unternehmen, sich gegen ein Ende des Euro abzusichern. Die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Fall eintrete, beziffert die Bank auf 20 Prozent. Laut "Financial Times" hat allerdings gerade JP Morgan sein Kreditgeschäft in der Euro-Zone ausgeweitet. Das Volumen der Darlehen in Spanien, Italien, Griechenland, Portugal und Irland sei seit September um neun Prozent gestiegen, zitiert die Zeitung Vorstandschef Jamie Dimon.

stk
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