Krisenfeste Industrie Wirtschaftsforscher schrauben Prognose nach oben

Stahlarbeiter in Duisburg: Kein Ende des Booms in Deutschland in Sicht
Foto: Sean Gallup/ Getty ImagesBerlin - Die Auswirkungen der Katastrophe in Japan sind längst nicht abzuschätzen und auch die Aufstände in Nordafrika sorgen für Unruhe an den Märkten. Doch die deutsche Wirtschaft kann sich trotzdem auf ein erfolgreiches Jahr einstellen. Führende Ökonomen trauen ihr sogar mehr Wachstum zu als noch vor ein paar Monaten.
Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute werden ihre Wachstumsprognose für das laufende Jahr auf deutlich über 2,5 Prozent aufstocken, berichteten mehrere Nachrichtenagenturen unter Berufung auf informierte Personen. Im Gespräch ist demnach eine Zahl um die 2,8 Prozent. Im Herbst hatten die Institute noch zwei Prozent Wachstum vorausgesagt. Das Frühjahrsgutachten werden die Institute offiziell am Donnerstag präsentieren.
Die Experten rechneten auch damit, dass der Boom auf dem Arbeitsmarkt anhalte, hieß es. Sie erwarten, dass im Jahresschnitt über 300.000 neue Arbeitsplätze entstehen.
Die Zahlen der Forschungsinstitute signalisieren, dass die Katastrophe in Japan bislang kaum Auswirkungen auf die deutsche Konjunktur hat. Es dürfte wohl nur vereinzelt zu Engpässen bei den Lieferketten kommen, hieß es im Umfeld der Experten. Größere Produktionsausfälle in deutschen Firmen seien nicht zu erwarten.
Wirtschaftsweiser Bofinger warnt vor Euphorie
Auch die Bundesbank rechnet im Falle einer schweren Rezession in Japan nicht mit größeren Beeinträchtigungen in Europa. Selbst wenn die Wirtschaftsleistung in Japan um drei bis vier Prozent einbreche, werde im Euro-Raum das Bruttoinlandsprodukt nur um 0,2 Prozent sinken, sagte Bundesbank-Vizepräsident Franz-Christoph Zeitler unter Berufung auf eine Modellrechnung des Instituts.
Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger sagte im Deutschlandfunk, die größte Gefahr gehe von den steigenden Ölpreisen aus, für die die politischen Turbulenzen in Nordafrika und im Nahen Osten mitverantwortlich seien. Er warnte vor Euphorie: Die Konjunkturaussichten in Deutschland seien zwar positiv, doch die Risiken hätten zugenommen.
An der Frühjahrsprognose sind das Institut für Wirtschaftsforschung in Halle, das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung in Essen, das Institut für Weltwirtschaft an der Universität Kiel und das Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung München beteiligt. Sie kooperieren mit Forschern in Zürich, Mannheim und Wien. Die Prognose der Experten bildet eine wichtige Grundlage für die neue Schätzung der Regierung. Mit einem höheren Wachstum würden die Einnahmen bei den Steuern und bei den Sozialkassen stärker steigen als bisher angenommen.
Deutsche Industrie profitiert von Großaufträgen
Auch die deutsche Industrie ist in bester Stimmung. Stahlkocher, Maschinenbauer und Elektroindustrie hoben zu Wochenbeginn ihre Wachstumsvorhersagen an. Aktuelle Daten stützen die guten Prognosen.
Im Februar sammelte die deutsche Industrie deutlich mehr Aufträge ein. Die Bestellungen lagen um 2,4 Prozent über dem Niveau des Vormonats, teilte das Wirtschaftsministerium mit. "Der Anteil an Großaufträgen war stark überdurchschnittlich", erklärte das Ministerium den kräftigen Zuwachs. Die Nachfrage bei den deutschen Kunden zog um 2,6 Prozent an, während die aus dem Ausland um 2,3 Prozent zulegte.
Im Aufwind sind vor allem die Hersteller von Maschinen, Fahrzeugen und anderen Investitionsgütern. Deren Bestellungen stiegen um insgesamt 4,5 Prozent. Die Nachfrage nach Konsumgütern legte lediglich um 0,1 Prozent zu, während die Aufträge für Vorleistungsgüter wie Chemikalien um 0,3 Prozent schrumpfte. Im Januar und Februar lagen die Industrieaufträge zusammen um 18,3 Prozent über dem Niveau des Vorjahreszeitraums.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieses Artikels hieß es, das Frühjahrsgutachten sei von den Wirtschaftsweisen erstellt worden. Tatsächlich wurde es von führenden Wirtschaftsinstituten verfasst. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.