Kommunen und Union äußern Kritik an Warnstreik »Das Streikrecht wird inflationär ausgereizt«

Vor dem für Montag geplanten bundesweiten Warnstreik gibt es Kritik: Die Union sagt, nicht alle Bürger dürften »in Geiselhaft genommen werden«. Scharfe Kritik kommt auch von einer SPD-Politikerin.
Reisende am Berliner Hauptbahnhof

Reisende am Berliner Hauptbahnhof

Foto: Stefan Zeitz / IMAGO

Vor den für Montag angekündigten massiven Warnstreiks im Verkehrssektor gibt es scharfe Kritik aus den Kommunen, von der Bahn und der Union.

Die Bahn nannte den Streik der EVG »völlig überzogen, grundlos und unnötig«. Sie forderte die Gewerkschaft auf, »im Interesse der Mitarbeitenden und der Kunden unverzüglich an den Verhandlungstisch zurückzukehren.«

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, warnte in der »Bild am Sonntag« vor einem möglichen unbefristeten Streik bei einem Scheitern der Verhandlungen. Ein solcher wäre »eine zusätzliche schwere Belastung für die Menschen, die sie kaum akzeptieren werden«, sagte er.

Auch die Präsidentin der Vereinigung Kommunaler Arbeitgeber (VKA), Gelsenkirchens Oberbürgermeisterin Karin Welge (SPD), kritisierte die Gewerkschaften in der »BamS« scharf. »Das Bestreiken von Nahverkehr, Fernverkehr und Flughäfen ist überzogen und schädigt nicht nur das Ansehen des öffentlichen Dienstes, sondern insgesamt das Ansehen des Standortes Deutschland, der auf Mobilität angewiesen ist«, sagte sie.

Das Streikrecht werde »inflationär ausgereizt.« Die VKA-Präsidentin verwies darauf, dass in der dritten Runde schließlich ein Ergebnis erzielt werden solle. Die Eskalation der Gewerkschaften mache sie daher »ein bisschen sauer«, sagte Welge. »Das ist nicht der Verhandlungston, den wir pflegen.«

»Unsinnige Mega-Streiks«

Die wirtschaftspolitische Sprecherin der Unions-Bundestagsfraktion, Julia Klöckner (CDU), erklärte, es müsse »ernsthaft verhandelt, aber nicht mit einem Megastreik alle Bürger in Geiselhaft genommen werden.«

Florian Streibl, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler in Bayern, sprach am Sonntag laut Mitteilung von »unsinnigen Mega-Streiks« und schloss sich der Kritik des Wirtschaftsverbandes vbw an, der die Warnstreiks am Donnerstag als unverhältnismäßig, unverantwortlich und wirtschaftsschädigend bezeichnet hatte.

»Streik ist ein Grundrecht, das zieht niemand in Zweifel. Doch es gibt den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit«, sagte Streibl. Es sei unverantwortlich, dass die Gewerkschaften in der laufenden Tarifrunde »zum wiederholten Mal Tausende von Bürgerinnen und Bürgern in Mithaftung nehmen«.

Die Menschen würden daran gehindert, zur Arbeit, zur Schule oder zu einem wichtigen Arzttermin zu kommen. »Kitas bleiben geschlossen und die aus der Corona-Zeit noch gestressten Eltern können erneut händeringend nach einer Betreuungslösung suchen.«

Gewerkschaft will »ein unmissverständliches Signal«

Verdi-Chef Frank Werneke verteidigte in der »Bams« den Streik. Dieser wirke nur, »wenn er ein unmissverständliches Signal« aussende. »Lieber ein Tag, an dem sich in Deutschland nichts bewegt, und dann ein für die Beschäftigten akzeptables Tarifergebnis als ein Scheitern und in der Folge wochenlange Auseinandersetzungen, von denen die Bevölkerung am Ende viel stärker betroffen ist.«

Verdi und EVG rufen zu dem Ausstand auf, um ihren Forderungen nach deutlichen Lohnerhöhungen Nachdruck zu verleihen. Der Arbeitskampf soll in der Nacht zum Montag beginnen und 24 Stunden dauern. Am Montag will die Bahn den Fernverkehr deswegen komplett einstellen, auch Regionalzüge dürften dann größtenteils ausfallen. In sieben Bundesländern – Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen – ist außerdem der öffentliche Nahverkehr generell betroffen.

Auch die meisten großen Flughäfen werden bestreikt, eine Ausnahme bildet Berlin. Am Sonntag begann der Streik bereits am Flughafen München. Dort fand kein regulärer Passagierverkehr statt.

Der Fahrgastverband Pro Bahn riet Bahnpendlern, am Montag im Homeoffice zu arbeiten. »Falls das Arbeiten von zu Hause nicht möglich ist, sollten Pendler eine Auto-Fahrgemeinschaft mit Kollegen für die Hin- und Rückfahrt bilden«, sagte der Pro-Bahn-Ehrenvorsitzende Karl-Peter Naumann dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

hej/AFP/dpa
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