Griechische Replik auf Lagarde "Mitleid ist das Letzte, was wir brauchen"
Die harschen Worte von Christine Lagarde sorgen noch immer für Empörung. Die IWF-Chefin hatte gesagt, dass sie mit Afrika mehr Mitleid habe als mit Griechenland - und die Hellenen ermahnt: "Zahlt endlich eure Steuern!" In Athen ziehen nun rechte wie linke Politiker über die streitbare Französin her.
Athen - Selten sprechen Spitzenpolitiker so deutlich, selten rufen ihre Worte solch harte Reaktionen hervor. In Griechenland gibt es seit Samstag nur ein Thema: die Äußerungen von IWF-Chefin Christine Lagarde. Politiker fast aller Parteien zeigen sich empört.
Die Chefin des Internationalen Währungsfonds hatte in einem Interview mit dem "Guardian" die Griechen allgemein wegen ihrer Steuermoral kritisiert und dabei gesagt, sie denke mehr an die Kinder im afrikanischen Niger als an die Menschen in Athen.
"Das Letzte was wir brauchen, ist das Mitleid der Frau Lagarde", sagte dazu am Sonntag der Chef des Bündnisses der radikalen Linken (Syriza), Alexis Tsipras. Die große Mehrheit der Griechen zahle Steuern. Warum die Reichen keine Steuern zahlen - dafür solle sich Lagarde an die Sozialisten und Konservativen in Athen wenden, nicht an die Bürger, sagte Tsipras.
"Ich verstehe nicht, was das soll"
Lagarde hatte gesagt: "Ich sorge mich mehr um die Kinder in einem kleinen Dorf in Niger, die nur zwei Stunden Unterricht am Tag haben und sich zu dritt einen Stuhl in der Schule teilen. Sie brennen darauf, Bildung zu bekommen. An diese Kinder denke ich die ganze Zeit. Denn ich glaube, sie brauchen viel mehr unsere Hilfe als die Menschen in Athen."
"Ich verstehe nicht, was das soll", sagte Giannis Michelakis, Sprecher der griechischen konservativen Partei Nea Dimokratia. "Es ist, als ob man den Kranken, dem man die falsche Medizin gegeben hat, zur Verantwortung zieht."
Der Chef der griechischen Sozialisten, Evangelos Venizelos, rief Lagarde auf, sich erneut zu überlegen, was sie denn wirklich sagen wollte. Sie sollte diese Aussagen zurücknehmen.
Lagarde hatte unter anderem ausgeführt, die habe nur begrenzt Mitleid mit den vom Sparzwang gebeutelten Griechen. "Ich finde, sie sollten sich alle zusammen selber helfen, indem sie ihre Steuern zahlen", sagte sie in dem Interview mit dem "Guardian" am Samstag. Der Druck auf Griechenland seitens des IWF werde nicht verringert.
EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) sprach sich hingegen dafür aus, den Zeitplan für den von Griechenland verlangten Spar- und Reformkurs zu strecken. Politik sei "immer auch ein dynamischer Prozess", sagte Schulz dem "Tagesspiegel".
In Griechenland wird in drei Wochen ein neues Parlament gewählt. Vier repräsentative Umfragen sehen die konservative Nea Dimokratia als stärkste Kraft. In allen Umfragen wollen mehr als 80 Prozent der Befragten, dass Griechenland in der Euro-Zone bleibt.
wal/dpa