Lebensmittel-Spekulation Agrarökonom warnt vor Hungerkrise

Droht der Welt wieder eine Lebensmittelkrise wie 2008? Agrarökonom Joachim von Braun erwartet stark schwankende und steigende Preise. Die Spekulation mit Nahrung müsse dringend reguliert werden, sagt er im SPIEGEL - und macht konkrete Vorschläge.
Weizenfeld in Australien: "Die Preise werden stark schwanken"

Weizenfeld in Australien: "Die Preise werden stark schwanken"

Foto: DANIEL MUNOZ/ REUTERS

Bonn - Der Bonner Agrarökonom Joachim von Braun warnt vor einer Wiederholung der weltweiten Hungerkrise 2008 und fordert eine strenge Regulierung von Spekulationen im Nahrungsmittelbereich gefordert: "Wir müssen uns generell darauf einstellen, dass die Preise steigen - und dass sie zugleich stark schwanken werden", sagte der Leiter des Zentrums für Entwicklungsforschung im Gespräch mit dem SPIEGEL. "Wir brauchen dringend eine angemessene Regulierung an den Agrarmärkten, die die Spekulanten zügelt."

Neben mehr Transparenz fordert Braun deshalb die Verteuerung von Spekulationen: "Finanzakteure müssten künftig bei jeder Transaktion im Termingeschäft Kapital hinterlegen, um ernsthaftes Handelsinteresse zu unterstreichen." Das schrecke all jene ab, die im Markt nur kurz rein- und rausspringen, um Gewinne mitzunehmen. Außerdem solle eine unabhängige Clearingstelle künftig den Handel überwachen und bei jeder Transaktion prüfen, ob die Geldhäuser die Geschäfte sauber trennten.

Braun schlägt eine virtuelle Getreidereserve vor. Diese könne aus einem Kapitalfonds im Volumen von 20 bis 30 Milliarden Dollar bestehen, der in Krisensituationen einsetzbar sei: "Spielen die Preise verrückt, deckt sich dieser Club mit Terminkontrakten an allen wichtigen Börsen ein. Mit der Summe kann man etwa die Hälfte der international gehandelten Menge von Weizen, Reis und Mais kaufen." Der Club übernehme also die Rolle einer Zentralbank für Weltgetreide.

Sollten die Spekulationen nicht eingeschränkt werden, drohe sich die fatale Entwicklung der vergangenen Jahre zu wiederholen: "Dann wird es in den Entwicklungsländern zu dramatischen Engpässen kommen", sagt Braun. "Immer mehr Staaten werden ihre Nahrungsmittelproduktion abschotten, statt guter Globalisierung werden wir einen Rückfall zu teurer Autarkie erleben, alles auf Kosten der Ärmsten der Armen. Eine Fehlentwicklung, die sich die Welt nicht leisten darf."

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