Umfrage Bürger geben Lobbygruppen Mitschuld am Klima-Versagen

Lobbyisten haben ein miserables Image. Eine klare Mehrheit der Deutschen wünscht sich nach SPIEGEL-Informationen schärfere Kontrollen der Interessenvertreter. Besonders kritisch wird ihr Einfluss auf die Klimapolitik gesehen.

Lobbyisten helfen Politikern, dringend benötigte Fachkenntnisse zu sammeln - so zumindest verteidigen die Strippenzieher selbst gern den eigenen Stand. Eine große Mehrheit der Bürger vermag hingegen kaum einen Nutzen in der derzeitigen Lobbypraxis erkennen.

77,8 Prozent der Befragten bezeichnen den Einfluss von Lobbygruppen als "negativ oder eher negativ". Das geht aus einer bislang unveröffentlichten Studie des ZEW Mannheim hervor, die dem SPIEGEL vorliegt.

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Obwohl auch Umwelt- und Verbraucherschutzorganisationen bei Politikern für ihre Anliegen werben können, gehen die meisten (78,7 Prozent) davon aus, dass vor allem die Wirtschaft von Lobbyaktivitäten profitiert. Gerade einmal 3,6 Prozent geben hingegen an, dass auch die Bürger Vorteile aus der Zusammenarbeit von Politik und Interessengruppen ziehen.

Besonders groß ist der Unmut laut ZEW mit Blick auf den Klimaschutz: Knapp jeder Zweite (47,9 Prozent) geht davon aus, dass Lobbyarbeit auf EU-Ebene zu einer Klimapolitik geführt hat, die ohne die Intervention von außen schärfer ausgefallen wäre.

Knapp drei Viertel halten die aktuelle Informationslage in der EU für unzureichend und fordern härtere Transparenzregeln für Lobbyisten in Brüssel. Zwar gibt es bereits ein Register, das offenlegt, wie viel Geld und Personalaufwand Firmen und Organisationen investieren. Verpflichtend ist die Registrierung allerdings nur dann, wenn die Lobbyisten zu offiziellen Anhörungen eingeladen werden wollen. Eine Überprüfung der Angaben findet zudem nicht statt.

Die Studie zeigt auch: Die Einstellung gegenüber Lobbyisten variiert je nach Bevölkerungsgruppe und politischer Einstellung. Besonders negativ sehen Anhänger von AfD und Linkspartei die Rolle von Lobbyisten. Unterschiede zeigen sich auch je nach Altersgruppe: So halten 57 Prozent der vor 1965 Geborenen den Einfluss von Lobbygruppen für besonders stark. Bei Jüngeren sind es hingegen nur 43,2 Prozent.

Dieses Gefälle könnte daher rühren, dass ältere Generationen dem Phänomen Lobbyismus generell skeptischer gegenüberstehen. Die Studienautoren weisen allerdings auch darauf hin, dass sie auch schlicht anders über Lobbyaktivitäten informiert sein könnten als jüngere Generationen. Allerdings lasse sich anhand der erhobenen Daten darüber keine Aussage treffen.

Die ZEW-Umfrage ist repräsentativ. Befragt wurden dafür 4266 Bürger, die Erhebung erfolgte im November 2018.

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