Zweifelhafte Praktiken Wie deutsche Konzerne Malta als Geldparkhaus nutzen

Ableger von Sixt und BASF teilen sich eine Klingel, Lufthansa hat 18 Tochterfirmen: EU-Mitglied Malta ist eine Oase für europäische Konzerne. Der SPIEGEL und das Recherchenetzwerk EIC enthüllen zweifelhafte Praktiken.
Valetta, Malta (Archiv)

Valetta, Malta (Archiv)

Foto: Matthias Schrader/ AP

Malta, ein Fels im Mittelmeer mit 300 Sonnentagen im Jahr. Vor mehr als 500 Jahren brachen Piraten von hier zu ihren Kaperfahrten gen Osten auf. Die fette Beute, die sie beim Überfall auf Handelsschiffe machten, brachte der Insel damals einen gewissen Wohlstand. Heute gehen die Malteser immer noch auf Beutezug. Mit traumhaft niedrigen Steuersätzen ködern sie Unternehmen aus ganz Europa. Den anderen EU-Mitgliedstaaten gehen so Steuereinnahmen in Milliardenhöhe verloren.

Auch deutsche Konzerne nutzen in großem Stil Tochterfirmen auf Malta, um ihre Steuern hierzulande zu drücken. Das geht aus Tausenden Dokumenten hervor, die der SPIEGEL gemeinsam mit seinen Partnern vom Recherchenetzwerk European Investigativ Collaborations (EIC) ausgewertet hat.

Dem EIC waren in den vergangenen Monaten zwei Datensätze, die sogenannten MaltaFiles, zugespielt worden. Die Papiere erlauben einen tiefen Einblick in das maltesische System von Firmengründungen und legen die Inhaber dortiger Firmen offen. Demnach sind oder waren Dax-Konzerne wie BMW, BASF, die Deutsche Bank, Puma, Merck und Großunternehmen wie Bosch, K+S oder Rheinmetall mit Tochterfirmen auf der Insel vertreten. Allein die Lufthansa unterhält auf Malta 18 Tochterfirmen. Neben Flugzeugwartung und Flugzeug-Leasing sitzt dort auch die Pensionskasse der Airline.

Auf Malta anfallende Gewinne müssen ausländische Unternehmen im besten Fall nur mit knapp sechs Prozent versteuern. Allerdings nur, wenn die Unternehmen auf der Insel auch wirklich Geschäfte machen. SPIEGEL-Recherchen lassen jedoch Zweifel aufkommen, ob tatsächlich alle Malta-Töchter deutscher Konzerne dort auch operativ tätig sind.

So teilen sich beispielsweise die Malta-Ableger von Autovermieter Sixt, Chemieriese BASF und Geflügelbaron Erich Wesjohann nicht nur eine Büroetage, sondern auch eine einzige Klingel. Ebenso der Rohstoffkonzern K+S und die Automobilsparte von Rheinmetall. Viele der Firmen sind im örtlichen Telefonbuch nicht eingetragen. Von einigen Malta-Ablegern war vor Ort zeitweise kein Personal zu erreichen. Gegenüber dem SPIEGEL erklärten alle Unternehmen, ihre Geschäfte auf Malta seien legal, die maltesischen Töchter dem deutschen Fiskus bekannt.

Malta hat während seiner noch bis Ende Juni andauernden EU-Ratspräsidentschaft bislang alle Steuerprivilegien der Insel gegen Angriffe aus dem EU-Parlament und anderen Mitgliedstaaten erfolgreich verteidigt. Erst in der vergangenen Woche hatte der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter Borjans angekündigt, maltesische Steuersünder härter zu bekämpfen. Er hatte die Mittelmeerinsel dabei als "Panama Europas" bezeichnet.

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