Armut Mehr als fünf Millionen Deutsche leben in zu kleinen Wohnungen

Plattenbau in Plauen
Foto: Jan Woitas/ dpaDrei Kinder müssen sich ein Zimmer teilen, oder die Eltern schlafen im Wohnzimmer: Laut Statistischem Bundesamt lebten im Jahr 2017 sieben Prozent der deutschen Bevölkerung in einer Wohnung mit zu wenig Platz. Das sind mehr als fünf Millionen Menschen.
Als überbelegt gelten Wohnungen laut der Statistikbehörde unter anderem, wenn sich drei Kinder ein Zimmer teilen oder die Eltern das Wohnzimmer auch als Schlafzimmer nutzen müssen.
Besonders betroffen sind in Deutschland armutsgefährdete Personen sowie Alleinerziehende und ihre Kinder, jeweils 19 Prozent von ihnen wohnen in einer überbelegten Wohnung. Der Wohnraummangel ist zudem unter der Bevölkerung in den Städten rund dreimal so hoch wie in ländlichen Gebieten.
In den meisten anderen EU-Ländern ist der Mangel allerdings deutlich größer als in Deutschland: Im EU-Durchschnitt war die sogenannte Überbelegungsquote demnach mit 16 Prozent mehr als doppelt so hoch. In Polen lebten im Jahr 2017 den Angaben zufolge 41 Prozent der Bevölkerung in einer überbelegten Wohnung.
Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) zeigte sich angesichts der Zahlen in Deutschland besorgt. "In einer Wohnung zu leben, die den eigenen Bedürfnissen entspricht und zugleich bezahlbar ist, wird für immer mehr Bürgerinnen und Bürger zu einem kaum realisierbaren Traum", sagt der AWO-Bundesvorsitzende Wolfgang Stadler.
Die Organisation forderte drei Sofortmaßnahmen - "ein höheres Wohngeld, eine wirksamere Mietpreisbremse und einen verstärkten sozialen Wohnungsbau". Zudem müssten Energie- und Wasserpreise sozial ausgestaltet sowie Wohngeld und die Kosten für Unterkunft und Heizung regelmäßig an die Lebensrealität angepasst werden.
Bezahlbare Seniorenwohnungen werden Mangelware
Wie schwierig es ist, passende Wohnungen zu finden, zeigt eine andere Untersuchung. Rentner nämlich leben laut einer neuen Studie des Pestel-Instituts selten in solch beengten Wohnungen. Ein Senior wohnt heute im Durchschnitt auf 59 Quadratmetern, ein durchschnittlicher Bundesbürger auf 46 Quadratmetern. Dabei wird es für viele Rentner schwer, steigende Mieten zu zahlen. Die Zahl der Senioren wird aber von heute knapp 18 Millionen bis zum Jahr 2040 auf etwa 24 Millionen steigen - und von deutlich weniger Rente leben müssen, wie die Studie vorrechnet.
Eine einfache Lösung wäre der Umzug in eine kleinere Wohnung, so entstünde Platz für andere, die den Wohnraum so dringend brauchen. Viele Rentner leben aber weiter in der vertrauten Wohnung, auch wenn die Kinder ausgezogen sind und der Partner verstorben ist.
Oft "scheitert der Umzug an den Mietkosten. In der Regel finden sie keine kleinere Wohnung für eine niedrigere Miete", sagt Matthias Günther vom Pestel-Institut . "Und wer sich seine bisherige Mietwohnung nicht mehr leisten kann, wird gerade in den teuren Städten häufig gezwungen sein, nicht nur die Wohnung zu wechseln, sondern mit der Wohnung auch den Wohnort."
Wohngemeinschaften wären demnach eine Lösung, um sich die Kosten zu teilen. Eine Möglichkeit, sagte Günther. "Aber viele scheuen sich, fremde Menschen in der Wohnung aufzunehmen."
Im Video: Wohnungsnot in Deutschland - Modernes Wohnen