Uno-Entwicklungsgipfel Schon bald muss niemand mehr bitterarm sein

Uno-Landwirtschaftsprogramm (in Somalia): Die positive Entwicklung schreitet schneller voran als je zuvor
Foto: TONY KARUMBA/ AFPZu keiner Zeit in der menschlichen Geschichte haben sich die Lebensbedingungen so stark, so schnell und für eine so große Zahl von Menschen verbessert wie heute. Dank dessen, was in den vergangenen 15 Jahren erreicht wurde, sind wir heute weniger als eine Generation von einer Welt ohne extreme Armut entfernt. Das klingt übertrieben, ist es aber nicht.
In dieser Woche kommt die Welt bei den Vereinten Nationen in New York zusammen, um neue globale Ziele, die Sustainable Development Goals (SDGs) festzulegen, die den Kampf gegen die Armut in der Welt in den nächsten 15 Jahren entscheidend gestalten werden.
Bill und ich sind fest davon überzeugt, dass diese Zielsetzungen der Schlüssel dafür sein werden, den ärmsten Menschen auf der Welt ein gesundes Leben in Wohlstand zu ermöglichen. Wir glauben daran nicht nur, weil wir Optimisten sind, sondern weil es messbare, extern verifizierbare Beweise dafür gibt, dass solche Zielsetzungen funktionieren. Diese Beweise haben wir, weil die Welt solche Ziele schon in der Vergangenheit erfolgreich umgesetzt hat.

Melinda Gates gründete zusammen mit ihrem Ehemann die Bill und Melinda Gates Stiftung. Die Organisation setzt sich für die Armutsbekämpfung, die Verbesserung der Gesundheitsversorgung sowie bessere Bildungschancen ein.
Diese neuen globalen Ziele sind die Nachfolger der Millennium Development Goals (MDGs), dem bislang erfolgreichsten Unterfangen aller Zeiten zur Armutsbekämpfung. Als die Millennium-Ziele im Jahr 2000 vorgestellt wurden, gab es durchaus Skeptiker, doch der Erfolg sprach für sich. Leider wissen das viel zu wenige Menschen. Deshalb möchte ich anhand von drei Beispielen aufzeigen, wie weit wir seither gekommen sind.
- Erstens: Seit 1950 ist es uns gelungen, extreme Armut, Kindersterblichkeit und die Zahl der Malariaopfer um die Hälfte zu reduzieren. Die Müttersterblichkeit wurde fast halbiert, und die Zahl der Neuinfektionen mit Aids ist um 40 Prozent gesunken. Man denke nur einmal darüber nach: Eine Milliarde Menschen müssen nicht mehr in extremster Armut leben, sechs Millionen Kinder können aufwachsen und zur Schule gehen, obwohl sie vor 1990 nicht mal ihren ersten Geburtstag erlebt hätten. Und 6,2 Millionen Menschen, die früher an Malaria gestorben wären, können heute leben. Ich finde, das ist ein ziemlich erstaunlicher Fortschritt.
- Zweitens: Ungeachtet dessen, was Sie gehört haben mögen, ist Afrika eine echte Erfolgsgeschichte. Unter den 20 Ländern, die Fortschritte bei den MDGs gemacht haben, sind 15 vom afrikanischen Kontinent. Nehmen Sie das Beispiel Äthiopien, das auf dem besten Wege ist, alle acht MDGs zu erreichen, darunter die Halbierung der Armut und die Reduzierung der Kindersterblichkeit um zwei Drittel. Und das, obwohl dieses Land vor dem Jahr 2000 die niedrigsten Entwicklungsraten weltweit hatte.
- Drittens: Wer glaubt, dass es angesichts dieser Erfolge keine Steigerung mehr gibt, dem kann man entgegenhalten: Die positive Entwicklung schreitet schneller voran als je zuvor. Die Sterblichkeitsrate bei Kindern in Afrika ist fünfmal schneller gesunken als in den Neunzigerjahren. Ruanda liegt bei der Bekämpfung der Kindersterblichkeit historisch gesehen ganz vorne.
Natürlich gibt es viele Gründe für diese positive Entwicklung - der technologische Fortschritt schreitet mit hoher Geschwindigkeit voran, und die Weltwirtschaft ist gewachsen - doch ohne die MDGs hätten wir diese positiven Ergebnisse nie erzielen können. Die klar vorgegebenen, zeitgebundenen Ziele mit der Frist bis 2015 haben Regierungen, Geldgeber, die Privatwirtschaft, Nichtregierungsorganisationen und andere Gruppen wachgerüttelt.
Und so klingt es hoffentlich nicht übertrieben, wenn ich sage, dass wir heute - zum ersten Mal in der menschlichen Geschichte - weniger als eine Generation davon entfernt sind, extreme Armut endgültig zu beenden. Wir haben noch ein gutes Stück vor uns, aber mit dem Erfolg, den wir mit den MDGs erreicht haben, haben wir das passende Modell gefunden, um weitere Fortschritte zu erzielen. Wir wissen jetzt, was funktioniert und was nicht.
In den nächsten 15 Jahren müssen wir uns auf Frauen und Mädchen konzentrieren
Wir wissen zum Beispiel, dass wir mehr für Frauen und Mädchen tun müssen. In ihre Gesundheit zu investieren, ist das Geschickteste, was wir tun können. Wenn Frauen gesund sind, über Bildung verfügen und Kontrolle über ihr Leben haben, können sie wirtschaftliche Chancen ergreifen, und davon profitieren ihre Familien, die Gemeinschaft, in der sie leben, und ihr Land als Ganzes. Man schaue sich nur einmal einige der Zahlen an:
- Die Hauptursache für die Sterblichkeit von Mädchen im Alter von 15 bis 19 Jahren ist die Geburt. Wenn man also in die Familienplanung und in die Gesundheitsversorgung junger Mütter investiert, kann man die Leben Hunderttausender junger Frauen retten.
- Frauen geben 90 Prozent ihrer Einkommen für ihre Familien aus, Männer zwischen 30 und 40 Prozent. Wenn man Frauen also dabei unterstützt, sich Fähigkeiten anzueignen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen, dann hilft man damit nicht nur den Frauen, sondern auch ihren Söhnen, Töchtern und Ehemännern.
- Wenn zehn Prozent mehr Mädchen in die Schule gehen, steigt das Bruttoinlandsprodukt ihres Landes um drei Prozent. Wenn man Mädchen also in die Schule schickt, dann hilft das der Entwicklung des ganzen Landes.
All das sind die Gründe, warum sich die Bill und Melinda Gates Stiftung und europäische Regierungen in den nächsten 15 Jahren verstärkt auf Mädchen und Frauen konzentrieren und dafür sorgen wollen, dass sie ganz oben auf der SDG-Agenda stehen.
Deshalb müssen wir auch weiterhin langfristig investieren. Denn nur wenn wir an die Wurzel von wirtschaftlicher Unterentwicklung gelangen, können wir eine Zukunft aufbauen, in der gesunde und ausgebildete Menschen ihr Schicksal in die Hand nehmen und für ihre Familien, Gemeinschaften und Länder ein Leben in Sicherheit und Wohlstand schaffen können.
Wenn man bedenkt, was bislang erreicht worden ist, kann man gar nicht optimistisch genug in die Zukunft blicken.