Mini-Wachstum Deutsche Dümpelwirtschaft zieht Euro-Zone nach unten

Baustelle in Spanien: Das mäßige Wachstum schwächt sich weiter ab
Foto: Alvaro Barrientos/ APLuxemburg/Wiesbaden/Frankfurt am Main - Die Zeit der Jubelzahlen ist vorerst vorbei: Das Wachstum in der Euro-Zone hat sich im zweiten Quartal merklich abgeschwächt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) des Währungsraums sei um 0,2 Prozent gestiegen, teilte das Statistikamt Eurostat am Dienstag mit. Zu Jahresbeginn war die Wirtschaftsleistung mit 0,8 Prozent noch viermal so stark gestiegen.
Die schwachen Wirtschaftsdaten haben der Erholung am deutschen Aktienmarkt ein jähes Ende bereitet. Der Leitindex Dax, der nach einem zweiwöchigen Kurssturz zuletzt eine dreitägige Gewinnserie hingelegt hatte, sackte zwischenzeitlich um bis zu 2,87 Prozent ab.
Der wichtigste Grund für die merkliche Abkühlung ist die Schwäche der beiden größten Volkswirtschaften Deutschland und Frankreich. Während die deutsche Wirtschaft nur noch ein Mini-Wachstum von 0,1 Prozent schaffte, gab es im Nachbarland sogar eine Stagnation.
Auch das ohnehin mäßige Wachstum in Spanien schwächte sich auf 0,2 Prozent ab. Laut der spanischen Statistikbehörde nahmen die spanischen Exporte zwar zu, die Binnennachfrage sei aber geschrumpft. Die portugiesische Wirtschaft stagnierte im zweiten Quartal - was für das Krisenland aber schon eine positive Überraschung ist. Volkswirte hatten mit einem Rückgang um 1,1 Prozent gerechnet. Im ersten Quartal war die Wirtschaft im Quartalsvergleich noch um 0,6 Prozent geschrumpft. Die europäischen Börsenwerte rutschten nach einer kurzen Erholungsphase wieder ins Minus. Der europäische Leitindex EuroStoxx 50 fiel zeitweise um 1,44 Prozent. Der französische Cac 40 verlor 1,48 Prozent. Der Londoner FTSE 100 gab 0,85 Prozent nach.
Auch in anderen führenden Industriestaaten hat sich die Konjunktur abgeschwächt. Die weltgrößte Volkswirtschaft USA schaffte ein Plus von rund 0,3 Prozent, während die unter den Folgen des Jahrhundertbebens leidende japanische Wirtschaft sogar um 0,3 Prozent schrumpfte.
Deutscher Konsum schwächelt
In Deutschland bremsten laut den am Dienstagmorgen veröffentlichten Daten die privaten Konsumausgaben und die Bauinvestitionen die Wirtschaft. Weil die Importe schneller stiegen als die Exporte, kamen auch vom Außenhandel negative Impulse. Dagegen zogen Investitionen der Unternehmen an und hielten die Wirtschaft auf Wachstumskurs.
Ökonomen reagierten ernüchtert auf die Daten. Dass die Entwicklung so schwach ausfiel, begründete Michael Hüther, Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft, mit der Entwicklung des privaten Konsums. Dieser sei "trotz guter Rahmenbedingungen wie hoher Beschäftigungsstand und steigende Löhne wohl recht schwach" gewesen.
Eine weitere Ursache vermutet Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer in der ungewöhnlich milden Witterung im ersten Quartal, durch die die Bautätigkeit zu Lasten des zweiten Quartals vorverlegt worden war. "Ohne diesen Effekt wäre das Bruttoinlandsprodukt im zweiten Quartal nach unseren Berechnungen nicht um 0,1 Prozent gewachsen, sondern um 0,4 Prozent." Doch auch ohne den Effekt hätte sich das Wachstum deutlich verlangsamt.
ING-Ökonom Carsten Brzeski sieht dennoch keinen Grund für Panik: "Nach dem überwältigenden ersten Quartal und im Lichte mehrerer externer Schocks wie den Erdbeben von Japan, dem Anstieg der Ölpreise und dem Abflauen der US-Konjunktur sollten die BIP-Zahlen eher als Normalisierung betrachtet werden denn als Enttäuschung."