Geringfügig Beschäftigte Minijobber dürfen künftig mehr verdienen

Reinigungskraft: Fast sieben Millionen Menschen arbeiten als Minijobber
Foto: dapdHamburg - Lange haben Union und FDP um einen Kompromiss gerungen, nun haben sie sich auf einen Zeitplan geeinigt: Die Einkommensgrenzen für Minijobs sollen nach SPIEGEL-ONLINE-Informationen zum Jahreswechsel angehoben werden. Statt bislang 400 Euro sollen geringfügig Beschäftigte dann 450 Euro verdienen können, ohne Steuern und Abgaben zahlen zu müssen.
"Seit 2003 hat es bei den Minijobs keine Anhebung der Verdienstgrenzen gegeben. Es ist nur fair, dass die Menschen jetzt einen Inflationsausgleich bekommen", sagte Johannes Vogel, arbeitsmarktpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, SPIEGEL ONLINE. "Deshalb wird die Koalition die Minijob-Grenze zum Jahreswechsel auf 450 Euro anheben."
Teil der Einigung ist, dass Arbeitnehmer künftig höher rentenversichert sind. So sollen Minijobber demnächst zum pauschalen Rentenversicherungsbetrag des Arbeitgebers von 15 Prozent selbst 4,6 Prozentpunkte hinzuzahlen. Wer das nicht will, muss dies anmelden (Opt-out-Verfahren). Bislang verhält es sich umgekehrt. Auf die höhere Rentenversicherung hatte die Union bestanden, um Altersarmut zu verhindern.
Neue Verdienstgrenzen sollen künftig auch für gering besteuerte Midijobs (400 bis 800 Euro) gelten. Hier wird die Schwelle auf 850 Euro angehoben. Der zwischen der Unions- und der FDP-Fraktion ausgehandelte Zeitplan sieht vor, dass im September die erste Lesung der Gesetzesinitiative stattfinden soll. Ende November soll das Gesetz den Bundesrat passieren, um pünktlich zum 1. Januar in Kraft treten zu können.
Warnung vor der Minijob-Falle
Es wäre die erste Minijob-Reform seit dem Jahr 2003. Die rot-grüne Bundesregierung hatte die Minijobs im Rahmen der Hartz-Reformen eingeführt. Ziel war es, Erwerbslosen den Einstieg in den ersten Arbeitsmarkt zu ermöglichen und Schwarzarbeit zu bekämpfen. Seither boomen Minijobs. Zuletzt lag die Zahl der geringfügig Beschäftigten bei knapp sieben Millionen.
Allerdings sind Minijobs stark umstritten. Der Deutsche Gewerkschaftsbund etwa kritisiert, dass diese Art von Jobs für viele Beschäftigte eine Sackgasse sind. Sie würden niedrig entlohnt und führten zu Altersarmut. Zudem halten viele Kritiker Minijobs für eine Falle für Frauen. Sie stellen in Privathaushalten mehr als 90 Prozent aller beschäftigten Minijobber. Im gewerblichen Bereich sind es rund 60 Prozent.
Auch bei der Opposition stößt die Minijob-Reform auf wenig Gegenliebe. Union und FDP befänden sich auf einem "arbeitsmarktpolitischen Geisterfahrerkurs", sagte Grünen-Politikerin Brigitte Pothmer SPIEGEL ONLINE. "Alle arbeitsmarktpolitischen Experten fordern eine Abkehr von den Minijobs, die sich als Niedriglohnfalle und berufliche Sackgasse für Frauen erwiesen haben. Doch die Koalition ignoriert die Expertise."
Johannes Vogel von der FDP widerspricht: Minijobs seien beliebt, sagte er. "Sie sind gerade für junge Menschen attraktiv, beispielsweise neben dem Studium."