Industriestrategie Grüne werfen Altmaier Bevorzugung von Großkonzernen vor

Peter Altmaier
Foto: Kay Nietfeld/ dpaVor der Vorstellung der "Nationalen Industriestrategie 2030" von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier hat die Grünen-Bundestagsfraktion angemahnt, den Mittelstand nicht zu vernachlässigen. Fraktionsvize Anja Hajduk sagte: "Das industriepolitische Konzept von Wirtschaftsminister Altmaier hat eine Schlagseite zugunsten einzelner Großunternehmen und muss dringend nachgebessert werden."
Altmaier will mit einem Maßnahmenpaket Deutschlands Industrie in Zeiten globaler Krisensignale zukunftsfester machen. Dazu legt der CDU-Politiker am heutigen Dienstag eine "Nationale Industriestrategie 2030" vor. Ziel ist laut Altmaier, Konzernen wie Siemens und BASF verlässliche Rahmenbedingungen zu bieten und den Wirtschaftsstandort Deutschland zu stärken.
Das schließt auch einen besseren Schutz vor feindlichen Übernahmen ein, der gerade gesetzlich auf den Weg gebracht worden ist. Besonders strebt die Regierung zudem eine führende Rolle bei der Entwicklung künstlicher Intelligenz an und hat eine Milliardenhilfe für die Batteriezellenproduktion von Elektroautos zugesagt.
Bedeutung des Mittelstands verkannt?
Grünen-Politikerin Hajduk sagte, eine aktive Industriepolitik sei "absolut sinnvoll", um das Wirtschaftsmodell mit den dazugehörigen Sozial- und Umweltstandards zu bewahren. Der Fokus des Ministers auf einzelne Großkonzerne verkenne allerdings die "enorme Bedeutung des Mittelstands für Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit und für den ökologischen Umbau unserer Wirtschaft".

Anja Hajduk
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Nach Angaben der "Welt" werden im Entwurf der neuen Industriestrategie konkrete Unternehmen genannt, deren dauerhafter Erfolg im nationalen wirtschaftlichen Interesse von Bedeutung sei - dazu zählen unter anderem Siemens, die großen Automobilhersteller, ThyssenKrupp oder die Deutsche Bank. Um deren Zukunft zu sichern, müssten Zusammenschlüsse und Übernahmen leichter möglich sein.
"Dass die Bundesregierung viel zu wenig für die kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland tut, zeigt sich bereits jetzt am schrumpfenden Anteil innovativer Unternehmen im Mittelstand", kritisierte Hajduk. So warteten kleine und mittlere Unternehmen weiterhin auf eine "auf sie zugeschnittene steuerliche Forschungsförderung oder eine Aufstockung der industriellen Gemeinschaftsforschung".
Widerstand könnte Altmaier auch im eigenen Kabinett erfahren. SPD-Finanzminister Olaf Scholz will zwar Steueranreize für Unternehmen, die in Forschung investieren, aber keine Entlastungen, wie sie dem Christdemokraten vorschweben. Nach neuen Schätzungen fehlen dem Bund in seiner Finanzplanung bis 2023 wegen der sich eintrübenden Konjunktur und vieler teurer Koalitionsprojekte rund 25 Milliarden Euro.
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Altmaier will den Unternehmen Zusicherungen geben, sich um bezahlbare Energie zu kümmern und für stabile Sozialabgaben sowie ein wettbewerbsfähiges Steuersystem zu sorgen. Der Wirtschaftsminister hatte sich dafür ausgesprochen, dass es mehr nationale "Champions" geben müsse, die es mit Wettbewerbern aus den USA und China aufnehmen könnten. Aktuell steht aber etwa die geplante Zugfusion von Siemens und Alstom wegen Bedenken der EU-Kommission vor dem Scheitern.
Die Bundesregierung hatte in der vergangenen Woche ihre Wachstumsprognose für das laufende Jahr deutlich nach unten korrigiert; nach der Vorhersage von 1,8 Prozent im Herbst rechnet sie nun mit lediglich 1,0 Prozent Wirtschaftswachstum. Altmaier sagte bei der Vorstellung der Prognose, der Fokus müsse nun auf "Wachstumsimpulsen und Zukunftstechnologien" liegen. Doch wegen drohender neuer Zollschranken und des Brexits wächst die Sorge vor neuen Unsicherheiten.