Nervosität im Krisenstaat Griechenland spekuliert über Pleite-Option

Griechenlands desaströse Lage sorgt für Nervosität bei den Verantwortlichen: Nun soll der Finanzminister des hochverschuldeten Landes eine Pleite als mögliches Szenario bezeichnet haben. Die Regierung dementiert, doch die Option wird selbst unter Notenbankern nicht mehr ausgeschlossen.
Parlament in Athen: Drei Szenarien sind denkbar

Parlament in Athen: Drei Szenarien sind denkbar

Foto: PETROS GIANNAKOURIS/ AP

Athen - Hat er es gesagt oder nicht? Angebliche Äußerungen des Finanzministers sorgen in Griechenland für Aufregung. Mehrere Zeitungen berichten, Evangelos Venizelos habe vor Abgeordneten eine Pleite Griechenlands als eines von drei möglichen Szenarien bezeichnet. Diese Möglichkeit sei aber sehr gefährlich.

Experten diskutieren bereits seit Wochen über die denkbaren Szenarien. Aber natürlich hat es ein anderes Gewicht, wenn der Finanzminister persönlich eine Insolvenz für denkbar hält. Das Ministerium beeilte sich deshalb prompt, die Zeitungsberichte zurückzuweisen. Griechenland konzentriere sich darauf, die Beschlüsse des Euro-Gipfels vom 21. Juli umzusetzen. Alle anderen Gerüchte, Gespräche und Szenarien seien nicht hilfreich, hieß es.

Folgende drei Szenarien nannte Venizelos laut den Zeitungen "Ethnos" und "Ta Nea":

  • Die Beschlüsse der Euro-Retter werden wie geplant umgesetzt. Griechenland bekommt neben den aktuellen Hilfen auch das zweite vereinbarte Rettungspaket in Höhe von 109 Milliarden Euro.
  • Das Land geht in eine geordnete Insolvenz mit einem Schuldenschnitt von 50 Prozent für die Gläubiger. Dies würde die Zustimmung und die Zusammenarbeit vieler voraussetzen, soll Venizelos gesagt haben.
  • Es gelingt Griechenland nicht, sich in den kommenden Tagen mit Vertretern der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank und des Internationalen Währungsfonds zu einigen. Das Land stürzt in eine ungeordnete Insolvenz.

Der stellvertretende Regierungssprecher Angelos Tolkas bemühte sich am Freitag, die Berichte zu relativieren. Er sagte, Griechenland werde die erforderlichen Reformen umsetzen, um die Hilfen der Euro-Partner zu bekommen. Die große Herausforderung sei es, "jede Art von Insolvenz oder Zusammenbruch zu vermeiden".

"Die Pleite ist ein Szenario"

Doch das Pleiteszenario wird auch von anderen Verantwortlichen inzwischen nicht mehr für ausgeschlossen gehalten- Eine solche Zahlungsunfähigkeit sei "eines der Szenarien", sagte der Präsident der niederländischen Zentralbank Klaas Knot der Zeitung "Het Financieel Dagblad". Knot ist zugleich Mitglied des Gouverneursrats der Europäischen Zentralbank (EZB).

"Ich war lange davon überzeugt, dass ein Konkurs nicht erforderlich ist", sagte Knot der Zeitung. "Die Nachrichten aus Athen sind jedoch zuweilen nicht ermutigend. Alle Anstrengungen sind darauf gerichtet, dies zu vermeiden, aber ich bin nun weniger entschieden beim Ausschließen eines Konkurses, als ich das noch vor ein paar Monaten war."

Die Schuldenkrise stellt auch die Banken des Landes vor massive Probleme. Die Rating-Agentur Moody's hat nun die Kreditwürdigkeit von acht griechischen Instituten herabgestuft. Als Begründung nannten die Experten die schwache Wirtschaft Griechenlands und sinkende Einlagen bei den Instituten. Der griechische Branchenindex sackte um 5,5 Prozent ab. Größter Verlierer waren die Titel der Bank of Piraeus, die um über zehn Prozent nachgaben. Die Papiere der Alpha Bank verloren 6,7 Prozent.

Eine Verstaatlichung der Institute hält die EU-Taskforce, die dem Land bei dem Kampf gegen die Krise hilft, jedoch nicht für notwendig. Die Institute hätten bis zum Ausbruch der Schuldenkrise grundsolide gewirtschaftet, sagte Taskforce-Chef Horst Reichenbach dem "Handelsblatt". "Daher sehe ich keinen Grund für eine Verstaatlichung."

Abstimmung über Sparplan vertagt

Die griechische Regierung ringt indes weiter um Zustimmung für ihren Sparplan: Finanzminister Venizelos und der griechische Regierungschef Georgios Papandreou versuchen, die Abgeordneten der sozialistischen Regierungspartei von der Notwendigkeit harter Sparmaßnahmen zu überzeugen. Ziel ist es, 2012 erstmals keine neuen Defizite zu produzieren.

Das neue Sparprogramm sieht unter anderem Entlassungen im staatlichen Bereich, Kürzungen von Löhnen und Renten sowie eine neue Immobiliensteuer vor.

In der regierenden Partei gibt es gewaltigen Widerstand gegen die neuen Sparmaßnahmen. Eine Abstimmung zur neuen Sonder-Immobiliensteuer musste wegen angeblicher Krankheit mehrerer Abgeordneter der Regierungspartei auf nächste Woche vertagt werden.

cte/Reuters/dpa
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