Netzagentur
Experten sehen Stromnetze am Rand der Belastbarkeit
Der Ausbau der Stromleitungen in Deutschland kommt nur schleppend voran: Die Bundesnetzagentur warnt laut einem Pressebericht, die Hälfte von 24 besonders wichtigen Ausbauprojekten verzögere sich. Damit seien die Netze "am Rand der Belastbarkeit angekommen".
Stromleitungen in Datteln: Laut Netzagentur verzögern sich zwölf wichtige Bauprojekte
Foto: dapd
Düsseldorf - Der Ausbau des Stromnetzes ist ein entscheidender Bestandteil der deutschen
Energiewende. Doch laut den Experten der Bundesnetzagentur kommen viele Projekte derzeit nur schleppend voran. Das geht aus dem "Monitoringbericht 2011" der Netzagentur hervor, aus dem das "Handelsblatt" zitiert.
Demnach verzögert sich derzeit die Hälfte von 24 besonders eilbedürftigen Ausbauprojekten im Stromnetzbereich. Der Zeitverzug liege zwischen einem und vier Jahren. Die Netzagentur bezieht sich auf Stromleitungen, die im August 2009 als vordringlich eingestuft wurden - mit der Einführung des Energieleitungsausbaugesetzes. Erst 214 Kilometer von insgesamt 1807 Kilometern, die in das Gesetz aufgenommen wurden, seien bislang fertiggestellt, bemängeln die Experten.
Aus Sicht der Netzagentur ist der Neubau der Leitungen überfällig. In ihrem Bericht heißt es laut "Handelsblatt" weiter: Die bestehenden Netze seien "durch die Vielzahl der in den letzten Jahren zu erfüllenden Transportaufgaben und die Veränderung der Erzeugungsstruktur am Rand der Belastbarkeit angekommen".
Die Bundesnetzagentur überwacht die Märkte für
Strom, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen. Sie soll dafür sorgen, dass in diesen teilweise staatlich dominierten Bereichen ausreichender Wettbewerb herrscht und sich keine Nachteile für Verbraucher ergeben.
Drei Millionen Endverbraucher haben Stromanbieter gewechselt
Nach Schätzung der Deutschen Energie-Agentur sind bis zu 4450 Kilometer neue Stromautobahnen bis 2020 notwendig, etwa um Windstrom, der vor den Küsten produziert wird, in den Süden zu bekommen. Experten betonen, es gehe auch mit weniger, wenn mehr Windräder im Süden aufgestellt werden, also dort, wo bisher mehr als die Hälfte des Stroms aus Atomkraftwerken kam. Mit einer besseren Steuerung der Lasten und der Verstärkung bestehender Trassen mit leistungsfähigeren Seilen könnte der Ausbaubedarf ebenfalls gemindert werden.
So oder so gibt es einen massiven Bedarf an neuen Verteilnetzen, also Leitungen der unteren Spannungsebenen, um den plötzlich überall produzierten Ökostrom zu verteilen. Wenn aber überschüssiger Ökostrom verstärkt gespeichert werden kann, dürfte dies das Netz entlasten, weil dann nicht mehr bei Sonne und Wind plötzlich viel Ökostrom in das strapazierte Netz hineinströmt. Insgesamt umfasst das deutsche Stromnetz mit allen Ebenen zusammen rund 1,7 Millionen Kilometer.
Nach SPIEGEL-ONLINE-Informationen werden in dem Bericht der Netzagentur weitere 73 Projekte genannte, die sich laut Übertragungsnetzbetreibern verzögern. Die Angaben stammen aus dem zweiten Quartal.
Außerdem steht in dem Monitoringbericht, wie viele Endverbraucher, also Privathaushalte und Unternehmen, im vergangenen Jahr ihren Energielieferanten gewechselt haben: Im Stromsektor waren es demnach circa drei Millionen Wechsler, ihren Gaslieferanten wechselten 900.000 Endverbraucher - das waren doppelt so viele wie 2009.