Neue Finanzspritze IWF erhöht Druck auf EU und Griechenland

Die nächste Geldspritze für Griechenland schien gesichert, nun stellt der Internationale Währungsfonds die Auszahlung im Juli in Frage: Die EU müsse zuvor harte Entscheidungen treffen. Damit wächst der Druck auf die Regierung in Athen, einen strikten Sparkurs zu fahren.
Protestflagge in Athen: Möglicherweise entscheidet das Volk über Sparmaßnahmen

Protestflagge in Athen: Möglicherweise entscheidet das Volk über Sparmaßnahmen

Foto: PASCAL ROSSIGNOL/ REUTERS

Hamburg - Die Finanzierung des hochverschuldeten Griechenlands gerät zum Drahtseilakt: Der Internationale Währungsfonds (IWF) verlangt als Voraussetzung für die nächste Tranche der Hilfszahlungen zusätzliche Sicherheiten von der EU. Beschlossen werden könnten diese auf dem geplanten Finanzministertreffen am 20. Juni - doch offenbar ist eine Einigung über ein neues Kreditpaket zu diesem Termin in Gefahr.

Ein Abgesandter des IWF, Bob Traa, erklärte am Dienstag in Athen, die EU-Staats- und Regierungschefs hätten beim Gipfel am 23. und 24, Juni, wenige Tage nach dem Finanzministertreffen, "harte Nüsse zu knacken". Der IWF fordert von der EU eine Entscheidung darüber, wie mögliche Finanzierungslücken für Griechenland im kommenden Jahr geschlossen werden können. Erst dann könne der IWF die nächste anstehende Zahlung für das Hilfspaket freigeben, sagte Traa. Wenn nötig, müssten sie sich auch für zusätzliche Unterstützungen für die Griechen entscheiden, bevor der IWF seine Juli-Zahlung von zwölf Milliarden Euro freigebe.

Damit nimmt der IWF erneut eine Rolle ein, die er bereits seit Beginn der Griechenland-Krise bekleidet: die des strengen Mahners. So gab er während der Arbeit der Troika aus EZB, EU und IWF, die die Konsolidierungsfortschritte des Landes bewerten, Gerüchten Nahrung, der Bericht werde erhebliche Versäumnisse benennen und der IWF sich aus den Hilfszahlungen zurückziehen. Der Bundesregierung etwa dürfte es zupass kommen, dass dadurch der Druck auf die griechische Regierung und Öffentlichkeit steigt, weitere harte Sparmaßnahmen durchzuführen.

Slowakei bremst neues Hilfspaket

Die Euro-Zone selbst benötigt laut einem Bericht des "Handelsblatts" wohl zusätzliche Zeit, um sich über ein neues Hilfspaket für Griechenland zu einigen: So stoße die Finanzierung des neuen Kreditpakets über den Euro-Rettungsschirm EFSF auf große Schwierigkeiten in der Slowakei. Es gebe derart viele ungelöste Probleme, dass die Finanzminister das neue Kreditpaket voraussichtlich doch noch nicht am 20. Juni beschließen könnten, sagte ein hochrangiger EU-Beamter der Zeitung.

Die Slowakei ist derzeit nicht beteiligt an den laufenden bilateralen Krediten der Euro-Zone für Griechenland in Höhe von insgesamt 110 Milliarden Euro. Falls das neue Kreditprogramm über den EFSF finanziert würde, wäre die Slowakei aber dabei - sie bürgt für ein Prozent der Einlagen über insgesamt 440 Milliarden Dollar. Die Regierung in Bratislava weigert sich laut dem Bericht, Kredite für Griechenland über den EFSF laufen zu lassen.

Die Kreditgeber Griechenlands drängen das Land nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" zu einem schnelleren Verkauf von Staatsbesitz über ein Verbriefungsmodell. Dieses sehe vor, dass eine noch zu gründende Treuhand-Behörde Objekte in Staatsbesitz benennt, die verkauft werden sollen. Darauf sollen dann Wertpapiere ausgegeben und Anlegern zum Kauf angeboten werden. Später, wenn diese Objekte selbst verkauft werden, sollen die Anleger ihr Geld mit Zinsen zurückerhalten. Für den Staat biete das den Vorteil, dass er sofort zu Geld komme, unabhängig vom schwierigen und womöglich länger andauernden Verkaufsprozess für die Vermögensteile.

Papandreou ruft zu nationaler Einigkeit auf

Die griechische Regierung will bis 2015 mindestens 50 Milliarden Euro aus Privatisierungen von Staatsbesitz erlösen. Allerdings ist laut dem Bericht noch nicht über das Verbriefungsmodell entschieden. Es gebe aber "eine Garantie, dass die Griechen beginnen zu privatisieren", zitierte die Zeitung aus dem Umfeld der EU-Kommission. Auch über das Verbriefungsmodell sollen die Finanzminister auf dem Treffen am 20. Juni entscheiden.

Der griechische Ministerpräsident Georgios Papandreou will angesichts immer heftigerer Proteste die Sparpläne seiner Regierung möglicherweise auch dem Volk zur Abstimmung vorlegen. Mit einem Referendum könne der "größtmögliche Konsens" über die geplanten politischen und wirtschaftlichen Reformen erreicht werden, sagte Papandreou bei einer Kabinettssitzung in der Nacht zum Dienstag. Er forderte Innenminister Giannis Ragoussis auf, die rechtlichen Voraussetzungen für ein Referendum zu schaffen, "falls es benötigt wird".

Papandreou rief die Parlamentsabgeordneten auf, den Sparplänen angesichts ihrer "historischen" Tragweite zuzustimmen. Es gehe nicht nur um die geforderten Einsparungen, sondern um eine Veränderung des politischen und wirtschaftlichen Systems.

fdi/Reuters/AFP/dpa/dapd
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